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Rostock-Kopenhagen-Göteborg-Stockholm Fahrradreise 2019

Vom 21.06.2019 bis zum 06.07.2019 führ ich durch den Süden Skandinaviens und mit der Fähre über Polen zurück. Dabei legte ich 1.430 Kilometern und 15.685 Hm auf der Fahrradreise zurück. Es war landschaftlich schön aber nicht so abwechslungsreich wie gedacht, hätte mir auf den Fahrradwegen mehr Nähe zu den Küsten gewünscht. Die Städte waren das Salz in der Suppe. Dort fühlte ich mich als Radfahrer viel sicherer als in der Heimat. Das Radwegenetz hat mich in allen Städten begeistert. Trotz der vielen Menschen in den großen Metropolen genoss ich die Architektur der Altstädte, nahm mir die Zeit die Sehenswürdigkeiten zu besuchen.

Auf der Tour begegnete ich vielen Menschen, gleich zu Beginn eine herzliche Begegnung vor dem Warnowtunnel. Zum Schluss, als Fremder im Ausland, so viel Hilfsbereitschaft, ja Menschlichkeit die mich auch nachträglich berührt…..

 

Am 21.06.2019 Schwerin-Rostock-Gedser-Koster

Mit einer Bahnfahrt begann heute meine Tour.
Der Tag ist noch keine 4 Stunden alt und mein erstes Wunder ist geschehen. Fuhr mit dem Fahrrad in Richtung Warnow-Tunnel. Noch bevor ich das Schild für Fahrradfahrer gesperrt sah wurde ich von einem Mann angehalten. Er hatte schon die Türen seines Transportes geöffnet und sagte “wir nehmen Dich und Dein Fahrrad mit durch den Tunnel”. Über diese super Einladung habe ich mich unglaublich gefreut und mich bei den Rostocker Helfern herzlich bedankt. So konnte ich meine Fähre pünktlich erreichen. Was für ein Auftakt!

 

Die Fährüberfahrt dauerte keine 2 Stunden bis Gedser, ein Ort mit insgesamt etwa 1.150 Einwohnern. Gedser ist eher ein großes Dorf als eine Stadt. Mit seiner nur hundertjährigen Geschichte ist der Ort auch einer der jüngsten von ganz Dänemark.

Gegen 11:00 Uhr saß ich im Sattel und konnte mein Tour Richtung Norden starten. Meine Tagesetappe führte durch alte Buchenwälder, an der Küste und an vielen Feldern entlang. Auf den ersten Kilometern wirkte die Natur schon sehr entspannend und ich genoss sogar die Schotterpisten.

 

Die Landstraße endete am Fährhafen von Stubbekøbing. Die idyllische alte Handelsstadt befindet sich im Nordosten der Insel Falster. Von hier aus ging es mit der Fähre „Ida“ über den Grønsund zur Insel Bogø. Hinter dem Ort Koster schlug ich mein Zelt auf.

 

22.06.2019 Koster-Køge

Gleich hinter dem Ort Køge kurbelte ich über die Königin – Alexandria – Brücke die Dronning Alexandrines Bro, auch Mønbroen oder Ulvsundbroen genannt. Die 745,50 Meter lange Brücke, führt über den Ulvsund und verbindet die dänischen Inseln Møn und Seeland miteinander. Das nach der dänischen Königin Alexandrine benannte Bauwerk wurde 1943 eröffnet und galt seither als „schönste Brücke Dänemarks.“ Von der Brücke hatte ich eine Tolle Aussicht auf den Ort Kalvehave.

 

Am Vormittag ging es immer wieder durch hügelige Eichen- und Buchenwälder. Kleine Ortschaften wechselten sich mit Feldern ab. Hier sagen sich scheinbar Fuchs und Hase gute Nacht, der Hase hat hier wohl auf den Fuchs gewartet.

 

Später ging es an der Küste entlang und hier bei Höjerup besuchte ich eine alte Kirche. Sie wurde von einem in Not geratenen Bootsfahrer gebaut, der versprach, eine Kapelle zu bauen, wenn er gerettet wurde. Die Kirche befindet sich auf einer 30 m hohen Klippe. Seit dem Bau, der um 1250, im romanischen Stil errichteten Kirche, untergrub im laufe der Jahre das Meer die Klippe. Am 16. März 1928 stürzte der Chor der Kirche ins Meer. Die Kirche wurde durch Befestigungen gesichert und durch den abgestürzten Chor zu einer Hauptattraktion. Jetzt gelangen die Besucher durch eine Tür auf eine Aussichtsplattform, wo sich einst der ehemalige Chor befand, und können auf die Klippe und das Meer schauen.

 

Die Küste von Stevns Klingt ist Teil des UNESCO-Naturerbes, auf der rechten Seite kam der Leuchtturm „Stevns Fyr in Sicht.

 

Vor dem Ort Køge schlug ich mein Zelt auf einer großen Zeltwiese auf.

 

23.06.2019 Køge-Helsingør

Am Morgen stattete ich dem Ort Køge noch einen Besuch ab. Køge gehört zu den besterhaltenen Mittelalterstädten Dänemarks. Die Stadt wurde auf königlichen Befehl in Küstennähe errichtet und mit einem gut ausgebauten Straßennetz versehen. Auf dem großen Marktplatz im Stadtkern fand jede Form von Handel statt. In der Mitte des Platzes befindet sich die prächtige Statue von Frederik VII.

 

Bei Vallensbæk befuhr ich einen toller Abschnitt mit Sicht von den Landzungen auf den Hafen und  Blick auf das auslaufende Segelschiff.

 

Eine Brücke überspannt den Østersøen und gab den Blick frei auf das Gebiet Kalvebod Fælled, das Gebiet besteht aus zurück gewonnenem Meerboden und einer Reihe ehemaliger Inselchen, die kleine, isolierte Hügel bilden.

Kopenhagen, auf einer langen Geraden steuerte ich auf den Vorort Ørestad  von Kopenhagen zu. Auf gerade diese Metropole war ich sehr gespannt, denn sie hat den Status „Die Fahrradstadt der Welt“ zu sein. In Kopenhagen passierte ich die neue Brücke Lille Langebro, und am rechten Ufer steht noch heute das prächtige Gebäude der alten Zuckerfabrik.

 

Lille Langebro ist die neueste Verbindung der dänischen Hauptstadt im Bereich Inner Harbor, die sich anmutig über das Wasser schlängelt und die Vororte mit dem Herzen der Stadt verbindet.

 

Auf sicheren Radwegen gelangte ich in die City von Kopenhagen. Beeindruckend wie die Radwege durch Bordsteine von den Autos und auch von den Bürgersteigen getrennt sind. Auch an Kreisverkehren super für Radfahrer gekennzeichnete Wege. Trotz des vielen Verkehrs fühlte ich mich als Radfahrer in Kopenhagen sehr sicher.

 

Auf dem Weg zum Rathausplatz fuhr ich am Erholungs- und Vergnügungspark „Tivoli“ entlang, er wurde 1843 eröffnet und  ist somit einer der ältesten existierenden Vergnügungsparks weltweit.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Großstädten, hat man in Kopenhagen bereits seit den 1970er eine verkehrspolitische Wende zugunsten des Fahrrads begonnen. Seither steuert die dänische Hauptstadt konsequent zurück zur fahrradfreundlichen Stadt mit einer einhergehenden Reduktion des Autoverkehrs. Diese Ziele wurden und werden durch Maßnahmen wie die jährliche Reduzierung des Parkraums für Autos um drei Prozent und hohe Parkgebühren, die allerdings nicht nur in Kopenhagen, sondern in ganz Dänemark zu entrichten sind erreicht. Genau so wichtig wie die finanziellen Investitionen aber war, dass den Radlern eine politische Anerkennung entgegengebracht wurde. Diese Wertschätzung hat sich durchaus motivierend auf die Radfahrer ausgewirkt und noch mehr Menschen dazu angespornt, sich auf das Fahrrad zu schwingen. Die Vision für die Fahrradstadt Kopenhagen des Jahres 2025 beinhaltet mehr Straßen, die für die Bedürfnisse von Fußgängern und Radfahrern ausgerichtet sind. Es wird mehr Platz für Erholung innerhalb der Stadt geben sowie mehr Möglichkeiten, auf dem Fahrrad die Stadt spontan und direkt zu erfahren.

Auf dem Rathausplatz mit seinen historischen Gebäuden befindet sich in zentraler Lage das Kopenhagener Rathaus, es begrenzt den Platz an seiner Südostseite. Wo sich der Platz heute befindet, stand im 17. Jahrhundert ein Teil der westlichen Wallanlagen und es gab vier Stadttore. Weitere imposante Gebäude auf dem Rathausplatz sind das 1905 eingeweihte Verwaltungsgebäude, es ist im nationalromantischen Stil gehalten und von einem Turm dominiert, der über 100 Meter hoch ist. Mittags um zwölf Uhr kann jeder auf dem Platz den charakteristischen Glockenschlag des Turms hören. Das Palace Hotel, das ehemalige Hotel Bristol und das Metropol Haus fügen sich in die Architektur des Platzes sehr gut ein und sind wie auch das Rathaus mit den skandinavischen Klinkersteinen verziert.

 

Das Hotel ist Teil der Scandic Hotels-Kette. Der Bau überzeugte damals durch seinen modernen Ausdruck und Elementen aus dem Jugendstil. Das gewaltige Dach mit einer Fülle an Mansarden wird von einem 65 Meter hohen Turm dominiert. Das Denkmal zwischen dem Rathaus und dem Palace Hotel wurde 1914 fertig gestellt. Es zeigt zwei Lure-Spieler, die auf einer Säule platziert sind. Bevor ich aus der Stadt fuhr bestellte ich noch ein kleines Softeis, bekam aber eine riesige Eisbombe in einer Waffeltüte. Total leeeeecker…

 

Peblingesø

 

Legepladsen i Lersøparken

Lange dauerte es noch bis ich den letzten Winkel von Kopenhagen hinter mir ließ. An einer Bahnstrecke fuhr ich durch grüne Wälder weiter in Richtung Norden. Dann sah ich Sandstrände durchfuhr Gebiete mit schönen Strandhäusern bevor ich in Helsingör eintraf.

 

24.06.2019 Helsingør-Frösakul

Abfahrt vom Camp in Hesingör gegen 7:45 mit Glück kam ich im Fährhafen 7:55 Uhr an und erreichte so noch die Fähre um 8:00 Uhr.

 

Die Fahrzeit nach Helsingborg war kaum der Rede wert, nach 20 Minuten befand ich mich auf schwedischem Boden. Helsingborg ist eine Küstenstadt in Südschweden, die am Ostufer des Öresunds gegenüber von Dänemark liegt.

 

Bekannt ist vor allem die Altstadt mit dem mittelalterlichen Turm Kärnan, dem letzten noch erhaltenen Überrest einer Festungsanlage. Die nahe gotische Marienkirche geht auf das 14. Jahrhundert zurück. Das neugotische Rathaus weist einen hohen Uhrturm und Buntglasfenster auf, die bedeutende Szenen aus der Stadtgeschichte darstellen.

 

Auch hier fand ich ein vorbildliches Radwegenetz vor, einfach genial…

Im Verlauf des Vormittags wurde es wieder recht warm und so beschloss ich ungefähr 3 Kilometer hinter Margretetorp, an einem kleinen Bach, meine Mittagspause abzuhalten.

 

Östra Karup nennt sich der Ort am Horizont.

 

Laholm liegt im Süden von Halland. Am Ort vorbei schlängelt sich der Lagan, ein bei Anglern sehr beliebter kleiner Fluss. Im Lagan gibt es Lachsforellen und bis zu zehn Kilo schwere Lachse. Die Lachse sind auch im Stadtwappen zu finden und auf dem Marktplatz sieht man sie als Muster im Kopfsteinpflaster, sowie als Skulptur am großen Springbrunnen.

 

Als nächsten größeren Ort fuhr ich durch Halmstadt. Hier sah ich von weitem die Masten des Segelschiffes Najaden, auf dem Fluss Nissan, vor dem Schloss Halmstad. Hinter dem Fluss Nissan ragt die Turmspitze der St. Nikolai Kirche heraus.

 

In Frösakul schlug ich mein Zelt auf. Der überteuerte Campingplatz lag direkt an einem Sandstrand  und so gab es zur Belohnung noch ein Bad in der Ostsee.

 

25.06.2019 Frösakul-Sjövik

Mein Rad rollte an diesem Tag wieder auf dem Kattegatt Radweg in Richtung Norden. Es war abwechslungsreich, aber besonders schön wurde es immer in direkt an der Küste.

 

 

Die Särdals Kvarn wurde 1890 gebaut und war bis 1967 durchgängig in Betrieb. Die Mühle ist ein sogenannter Galerie-Holländer, bei dem das Mühlengebäude auf einem zweistöckigen gemauerten Sockel mit umlaufender Galerie steht. Die gesamte Mühle ist einschließlich des Sockels sechs Stockwerke hoch und besitzt vier Mahlstühle. Sie gilt als eine der größten Windmühlen Skandinaviens.

 

Langer Sandstrand bei Smaris.

 

Ein Weg führte direkt zum Meer dort konnte ich die Weite dieses Küstenabschnittes richtig genießen. Im nächsten Ort bekam ich dann auch mein Bild von einem Middsommerbaum. Die Mitternachtssonne hat hauch hier schon spürbare Auswirkungen, die Sonne geht erst gegen 22:00 Uhr unter, wobei es auch dann nur eine Art Dämmerung ist.

 

Über die 1761 erbaute Tullbron, eine der schönsten Steinbogenbrücken Schwedens, gelangte ich nach Falkenberg. Mit ihren fünf, auf mächtigen steinernen Brückenpfeilern ruhenden Bögen überspannt die Tullbron den an dieser Stelle schäumend durch die Stadt strömenden Fluss Ätran. Die Kirche wurde 1892 im neugotischen Stil mit Rosenkranz Fenstern erbaut.

 

In Apelviken gab es ein leckeres Eis.

 

Varberg liegt am Kattegat. Das Kattegat, oder wie es auf Deutsch heißt Katzenloch, ist das 22.000 km² große und durchschnittlich rund 80 Meter tiefe, äußerst schwierig zu befahrende Meeresgebiet zwischen Jütland (Dänemark)) und der schwedischen Westküste. Die Festung Varberg Fästning wurde im 13. Jahrhundert erbaut. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts diente sie als Gefängnis. 1931 wurde der letzte Gefangene entlassen. Eine weitere Sehenswürdigkeit des hübschen Städtchens Varberg ist das Kalbadhuset. Es liegt direkt an der Promenade auf Stelzen im Ufergebiet. 1903 wurde dieses als drittes in seiner Folge gebaut. Bis heute wurde es immer wieder sanft renoviert. Das Kalbadhuset ist ein Meerschwimmbecken mit Saunen.

 

 

26.06.2019 Sintop-Sjövic

In Sintop fand ich keinen Platz für mein Nachlager, im Vorgarten eines Hauses fragte ich Mattias Enarson um Erlaubnis, mein Zelt auf der Wiese neben dem Haus aufzustellen. Das wurde mir sehr freundlich gestattet und sogar den Zugang zu einem Wasseranschluss ermöglicht. Einfach Super! Ausgeruht setzte ich am nächsten Morgen meine Tour fort.

Nach und nach kurbelte ich meine Ausrüstung zu dem Nationalpark Fjärås Bräckain die Höhe. Fjärås Bräcka Ist eine imposante, 60 m hohe Endmoräne im Süden der Gemeinde Kungsbacka. im Norden von Halland. Wer auf dem Kamm der Endmoräne steht, sieht im Westen den Kungsbackafjord und im Osten, direkt unterhalb der Endmoräne, den großen See Lygnern.  Es heißt, dass man an keiner anderen Stelle in Schweden gleichzeitig das Meer und einen großen Binnensee sehen kann. Blick nach Westen auf den Kungsbackafjord-Blick und nach Osten der See Lygnern.

 

Zurück auf dem Radweg konnte ich wieder öfter Buchten und Yachthäfen sehen. Mir begegneten immer häufiger Radfahrer die wohl schon von Göteborg kamen. So dauerte es nicht lange und ich konnte den ersten Kirchturm der Stadt Göteborg erkennen. Er gehört zur Annedal Kirche aus dem Jahr 1908.

 

 

 

Mit seinen 570.000 Einwohnern ist es die zweitgrößte Stadt Schwedens. Als ich im Zentrum eintraf staunte ich über die mächtigen Gebäude aus der Gründerzeit sie zeugen noch heute vom Wohlstand einstiger Kaufleute. Die 1621 gegründete Stadt ist zugleich die größte Hafenstadt Schwedens. In der Linnégatan, am Haus aus dem Jahr 1901 stoppte ich und fotografierte ein markantes Gebäude aus der Gründerzeit. Von der Masthuggskyrkan auf dem Stigberget hat man eine tolle Aussicht über Göteborg. Eine weitere Sehenswürdigkeit stellt die Oscar-Fredriks-Kirche dar, sie wurde von 1889 bis 1893, im Stil der Neogotik erbaut. Der Baustil orientiert sich jedoch nicht an dem nordischer Kirchen, sondern eher an den großen Kathedralen Kontinentaleuropas. Der polygonale Turm ist 60 Meter hoch. Am Stena Line Ferry Terminal lag eine Katamaran Fähre. Auf dem Weg zum Zentrum der Stadt fuhr ich am Anleger für die bekannten Paddan Boote vorbei, überquerte eine Brücke und gelangte zum Theater. Viele Parks, der älteste ist von 1842 und hat den Namen „Trädgardsföreningen“, laden zum Verweilen ein. Im genannten Park befinden sich ein Rosengarten, sowie ein sehr schönes Palmenhaus.

 

 

Die Radwege sollten nicht unerwähnt bleiben, kurz gesagt fühlte ich mich wie in Kopenhagen. Überall standen auch Elektrofahrräder und Elektroroller zum Verleih.

 

Als ich vom Trubel genug hatte fuhr ich aus der Stadt. Links und rechts des Fahrradweges war es grün, Büsche und Bäume säumten den Weg. Dabei spürte ich nicht einmal die leichte Steigung auf dem Radweg.

 

Es wurde spät als ich mein Zelt in Sjövic, auf einem kleinen Rasenfleckchen hinter der Bibliothek aufstellte.

 

27.06.2019 Sjövic-Nossebro

Nach dem Frühstück fuhr ich los, ein schöner Weg führte am See Mjörn entlang, leider landete in einer Sackgassee und kurbelte wieder zurück.

 

Kam dann auf meinem Track an und fuhr ca. 25 Kilometer bis Gräfsnäs, am See Anten. Hier besichtigte ich das Gelände mit Bahnhof der Anten-Gräfsnäs Järnväg Schmalspurbahn. Das ist eine 12 km lange schmalspurige Eisenbahnstrecke, auf der noch heute Züge verkehren. Die Strecke wird von einem Verein betrieben, dessen Mitglieder unbezahlt für den Erhalt und den Betrieb der Eisenbahn arbeiten. Zu der 891 mm breiten Schmalspurbahn gehört auch ein Museum mit alten Dampf-, Diesel- und Elektrolokomotiven. Die Loks sind nicht abgesperrt. Man darf in sie hineinklettern und sich wie ein Lokführer fühlen.

 

Ein weiteres Motiv an dem Tag war die Windmühle Borgs. Die Mühle wurde 1881 erbaut und gehört zum Typ Holländische- oder Haubenmühle mit drehbarem Oberteil. Im Jahr 2012 erhielt die Windmühle neue Flügel. Die Maschine ist die ursprüngliche, 3 Mühlsteinpaare mit unterschiedlichen Hacken für verschiedene Mischqualitäten.

 

Nach weiteren 15 Kilometern gelangte ich nach Nossebro. Dort fand ich einen schönen Campingplatz am Freibad. Spontan beschloss ich hier mein Zelt aufzuschlagen und einen halben Ruhe- und Waschtag zu verbringen.

 

28.06.2019 Nossebro-Varnhem

Der Weg führte mich durch eine hügelige Landschaft. In einem Waldstück links am Weg dann ein Gräberfeld aus der Eisenzeit „Dommaringarna  Lockebacke“. Das Gebiet ist voll von historischen Überresten der frühen Schweden. Der Lockeback ist ein Grat, der sich über die umgebende flache Kulturlandschaft erhebt. Orte wie dieser wurden während der Eisenzeit oft als Grabstätten ausgewählt. Feuergräber sind die häufigsten Bestattungsbedingungen in der Eisenzeit.

 

In einem kleinen Dorf standen einige Hinweistafeln die auf den Ausgrabungsort Finnestorp hinwiesen. Von den Tafeln erfuhr ich einiges über den Kriegsopferplatz Finnestorp. Er liegt in Südschweden in der Region Västergötland und wird auf den zeitlichen Rahmen von 350 bis 550/600 n. Chr. datiert. In den Jahren 2000 bis 2004 wurde der Fundplatz eingehend untersucht, zu den Funden zählen Waffen wie Schwerter und Lanzen, Pferdeausstattung, vergoldete Beschläge, bronzene Lampen… und sehr interessante Glasperlen.

Der weitere Weg war schön,  immer wieder rechts und links sah ich die für diese Gegend typischen Tafelberge. Sie sind rund 300 m hoch und verbreiten ein wenig “Ayers-Rock-Feeling” mitten in Schweden. Die rund 15 Berge sind zwar nicht heilig, aber doch populär – einige gehören zu einem Naherholungsgebiet, Segelflugplatz oder dienen als Skihang. Derartige Berge findet man nirgendwo sonst in Schweden. Västgötabergen sagt man zu ihnen auf Schwedisch.

Mitten in dieser Landschaft liegt Falköping, auf dem schönen Marktplatz füllte ich noch meine Vorräte etwas auf bevor ich weiter fuhr.

 

Nördlich von den Orten Falköping, Gudheim und Varnheim liegt das Gräberfeld Ekornovallen. Es bewahrt besonders Monumente aus der Stein- und Bronzezeit Schwedens. Sie stammen aus dem Zeitraum zwischen 3000 und 2500 v. Chr.

 

 

Bei Varnheim beschloss ich mein Zelt an einem See aufzuschlagen.

 

Auf dem Platz „Wassbacken Café & Hostel (Vassbacken)“ gab es einen kleinen Strand mit Badesteg. Hier kühlte ich mich noch etwas ab und bereitete dann mein Abendessen zu.

 

29.06.2019 Varnheim-Askersund

Vom Camp in der Nähe von Varnhem kam ich früh los. Der Himmel noch von einigen Wolken verdeckt. Die Temperaturen mit 17 Grad noch erträglich und ich fülte mich gut. War gespannt wie der Tag läuft, denn am Vortag hatte ich ein echtes Formtief.

 

Als ich auf dem Radweg ankam ging es durch bergiges Gelände trotzdem kam ich gut voran, was wohl auch an der schönen, abwechslungsreichen Landschaft lag. Schafe an einem Berghang, ein kurvenreicher Radweg und viele kleine Dörfer mit ihrem typischen schwedischen Charme. Kornblumen blühen an den Feldrändern wie zum Trotz in einem betörenden Dunkelblau.

Nach einigen flachen Passagen und etlichen Kurven stand mein Fahrrad am Göta Kanal. Über die Brücke kam ich ohne Wartezeit, denn es gab kein Schiff das gerade den Kanal befuhr. Der Göta Kanal wurde vor 200 Jahren erbaut. Er gilt als größtes Bauvorhaben Schwedens. In den Jahren seiner Erbauung arbeiteten fast 60.000 Menschen daran, die Strecke von 87 km buchstäblich mit Spaten und Schaufel zu graben. Er war bedeutend als Transportstrecke für den Warenverkehr von der Ostsee bis zum Kattegat, später verlor das Bauwerk durch die starke Konkurrenz von Eisenbahn- und Lkw-Verkehr seine Bedeutung. Heutzutage ist der Kanal eine der bekanntesten schwedischen Touristenattraktionen. Schon seit hundert Jahren fahren drei Dampfschiffe gemächlich über den Wasserweg quer durchs Land.

 

Der Duft der Wälder und die vielen Rufe der Vögel waren meine Begleitung während der langen „Kannten“. Denn die Straßen hatten es in sich, viele Steigungen im Bereich von 5-8 Prozent. In Tiveden machte ich halt und traf zwei Reiseradler die hier die Nationalparks besuchten. Das Gebiet um Tiveden ist ein besonderes Fleckchen Erde, der Tiveden Nationalpark ist eine Mischung aus Wald und Felslandschaft. Ziel des 1983 gegründeten Parks ist die Erhaltung einer zusammenhängenden, fast unberührten Wald-, Seen- und Felslandschaft. Der Wald soll sich langsam zum Urwald entwickeln können. Eine Wanderung gehört hier auf jeden Fall ins Programm.

 

 

 

Dann noch eine Rast bevor ich in Askersund, dem nördlichsten Zipfel des Vättern Sees ankam. Auf dem Camingplatz „Camping am Vetternsee“ schlug ich mein Zelt auf.

 

30.09.2019 Askersund-Katrineholm

Der Ort Askersund liegt am Rand des Waldgebietes Tiveden und am See Alsen, der durch eine schmale Rinne mit dem See Vättern verbunden ist.

 

 

 

Der Hafen von Askersund bot mir noch ein schönes Abschiedsbild.

 

Nachdem ich auf meinem Fernradweg ankam fühlte ich mich wie auf den Pisten von Island, aber dort war es eine kargere Vegetation. Teilweise gab es auch die bekannten Wellblechpisten, aber nicht so extrem wie auf den Hochlandpisten von Island.
Gefühlt bin ich den gesamten Tag durch Wälder und verträumte Ortschaften gefahren. Die gefahrenen Höhenmeter des Vortages habe ich glatt auf über 2000 verdoppelt.
So fast allein in Mutter Natur ist es sehr entspannend, irgendwie wie Meditation.

 

Namenloser See vor BREVENS BRUK.

 

 

Früher war Brevens Bruk eine eisenverarbeitende Hütte. Ein Spaziergang durch den Ort ist wie eine Wanderung durch die Geschichte und zeitgleich ein Genuss für das Auge. Das Herrenhaus von 1698, die Kirche von 1842, der Hochofen und die Schmelzhütte, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert.

 

Nach einem kurzen Abstecher nach Vingäker konnte ich mich dafür im Djulösjön See von  wieder etwas runter kühlen.

 

01.07.2019 Katrineholm-Mariefred

Noch ein Foto aus dem Zelt, denn es stand in der ersten Reihe am See von Katrineholm. Katrineholm ist eine Stadt in der schwedischen Provinz Södermanlands län. Die Stadt erhielt ihren Namen von dem in der Nähe am See Näsnaren liegenden Herrenhaus Cathrineholm.

Die Tour begann an diesem Tag nicht auf einem Radweg. Es ging auf der E55 bis Flen, teilweise eine zweispurige Straße mit Tempolimit 100 Km/h. Das war überhaupt nicht mein Ding, hätte jubeln können als ich ab Flen auf E57 abbiegen konnte, hier war der Verkehr mäßig. Also an diesem Radeltag gab es besten Asphalt unter den Rädern. Dafür gab es seit der letzten Nacht ordentlichen Wind der auch Wolken im Schlepptau hatte. Gerade als ich meine Mittagspause auf einem überdachten Rastplatz begonnen hatte, fiel Regen aus den Wolken. Glück gehabt, denn 20 Km weiter hatte es mich dann doch erwischt, aber bei den Temperaturen trocknete es schnell. Die Tour ging durch Wälder, vorbei an großen Getreidefeldern und vielen Seen. Mein heutiges Tagesziel war Marienfred und davor besichtigte ich noch das Schloss Gripsholm. Ein herrlich gelegenes Schloss mit Zugbrücke und Kanonen, schon von weitem sah ich die imposanten Türme.

 

Das mächtige Schloss Gripsholm befindet sich direkt am Ufer des Mälar-Sees. Es wurde von Gustav I. Wasa erbaut, an einer Stelle, an der bereits eine Burg aus dem Jahr 1380 stand. Schloss Gripsholm gilt als eine der eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten Nordeuropas. durch seine idyllische Lage, mit hellroten und schimmernden Backsteinmauern, vier gewaltigen runden Türmen und seiner spannenden Geschichte. Gripsholm wird von der schwedischen Königsfamilie auch heute noch genutzt. Besonders im deutschsprachigen Raum ist Schloss Gripsholm durch den Liebesroman aus dem Jahr 1931, von Kurt Tucholsky bekannt. Der übrigens auf dem Friedhof von Mariefred beerdigt wurde. Als ich mein Zelt aufstellte türmten sich schon dunkle Wolken am Horizont auf, laut Wetterbericht sollte es am nächsten Tag regnen.

 

Im Anschluss stattete ich dem Städtchen Mariefred noch einen Besuch ab. Der Ort besitzt durch seine schmalen Gassen, schmucken Holzhäuser eine sehr idyllischen Atmosphäre. Langsam fuhr ich an das gegenüber liegende Seeufer, wo ich mein Zelt gegenüber dem mächtigen Schloss Gripsholm aufbaute.

 

02.07.2019 Mariefred-Stockholm

Der Morgen begann sonnig aber recht frisch. Von Süden zogen dunkle Wolken auf, ich beeilte mich, hatte nicht gereicht. Bevor ich das Zelt verpacken konnte prasselte es los. Eine Viertelstunde trennte mich von einem trocken verpackten Zelt. Zog mir gleich die GoreTex Regensachen über, noch ein Foto vom Strand und startete. Wusste nicht wie lange der Regen anhalten würde, aber von allen Seiten zogen dunkle Wolken heran.

 

 

Zunächst führ ich in Richtung Mariefred, einen Spaziergang entfernt vom Schloss Gripsholm liegt das Eisenbahnmuseum Östra Södermanslands Järnväg. Das auf einer Schmalspurstrecke mit der Spurweite 600 mm, in den Sommermonaten einen regelmäßigen Fahrbetrieb für Touristen anbietet. Hier sah ich mir noch den Bahnhof an und kurbelte dann weiter in Richtung Södertälje.

 

Auf den Schotterpisten wurden dann wieder Erinnerungen an Island wach. Regen, 10 Grad, Wind und echte Waschbrettpiste.

Wow, das hätte ich nach den vielen sonnigen Tagen mit Tagestemperaturen um die 30 Grad nicht erwartet. Irgendwann kam ich auf eine befestigte Straße, der Regen blieb weiterhin hartnäckig. In Södertälje beschloss, ich in der Mittagspause mein Zelt zu trocknen, dafür baute ich es unter eine Brücke auf. Das sorgte schon für ein gewisses Interesse. Eine Passantin fragte mich, ob das mein Zelt sei und empfahl mir das nächste Hotel. Bei einer jüngeren Schwedin rief ich Erinnerungen wach, sie berichtete von ihrer Tour mit ihrem Vater, fand meine Unternehmung super. Nachdem das Zelt halbwegs trocken war beendete ich meine „Mittagspause“ und fuhr weiter. An einer Hubbrücke musste ich warten bis alle Schiffe hindurch waren. Plötzlich kam ein Reiseradler angefahren, es war Michael aus Bielefeld.

 

Wir hatten das selbe Ziel und wollten heute noch nach Stockholm. Mein Treck erwies sich als landschaftlich sehr schön, aber der Dauerregen hatte die unbefestigten Wege stark aufgeweicht. Michael hatte auch einen Treck, wir beschlossen auf seinem Weg nach Stockholm zu radeln. Nach 80 Kilometern hörte der Regen auf, wir waren bis an die Stadtgrenze Stockholms gekommen.

 

Dort verabschiedeten wir uns und ich fuhr zu meinem Camp. Für den nächsten Tag verabredeten wir uns am Vasa Museum das wir gemeinsam besuchen wollten.

 

03.07.2019 Stockholm-Bredäng Camping

Gestern Abend hatte ich Glück mit dem Wetter es blieb trocken.

Nach 12 Tagen erreichte ich Stockholm, es wahren bis hierher 1.250 Kilometer und 14.000 Höhenmeter quer durch einen Teil Skandinaviens.

Am Morgen stand noch Ausrüstungspflege an, am Fahrrad wechselte ich die hinteren Bremsbeläge und ölte die Kette nach den Wassermassen. Dann rollte ich los, wir (Michael und ich) wollten uns am Eingang des Museums treffen, leider verpassten wir uns bei dem Besucherandrang. Getrennt gingen wir durch das Museum und tauschten hinterher unsere Eindrücke aus.

 

Besuch im Vasa Museum von Stockholm.
Bereits auf der Jungfernfahrt am 10. August 1628 sank die Vasa, es war eine schwedische Galeone, sie zählte mit ihrer Bewaffnung zu den größten ihrer Zeit. Die Ausstellung und das Schiff sind eine echte Sensation, habe noch nie ein so riesiges und gut präpariertes Segelschiff gesehen. In vielen Vitrinen gab es Ausrüstungsgegenstände von der Kanone bis zu den Resten des Segeltuchs zu sehen. Es gab Filme die den Bau solcher Schiffe und die aufwendige Bergung, am Anfang der 60er Jahre gezeigten.

 

Modell der Vasa.

Im Anschluss fur ich der Nase nach durch die Altstadt Stockholms. Die Gamla Stan, Stockholms Altstadt, hat mich durch die Nähe zum Wasser und die zahlreichen Brücken beeindruckt. Das hatte ich hier nicht erwartet für mich ist Stockholm das Venedig des Nordens. Viele Sehenswürdigkeiten entdeckte ich noch bei meiner Sightseeing Tour.

 

Berzelii Park im Zentrum von Stockholm wurde nach dem schwedischen Chemiker Jöns Jacob Berzelius benannt.

 

Stureplan mit Monument

Der Königspalast von Stockholm ist die offizielle Residenz Seiner Majestät des Königs und Schauplatz der meisten offiziellen Empfänge der Monarchie. Die Kombination aus königlichem Wohnsitz, Arbeitsplatz und kulturhistorischem Denkmal, die ganzjährig für Besucher geöffnet ist, macht den Königspalast von Stockholm zu einem einzigartigen königlichen Wohnsitz in Europa. Der Palast wurde im Barockstil erbaut und als römischer Palast gestaltet. Die St. Nikolai Kirche, ist die Domkirche Stockholms. Sie liegt in der Altstadt in der Nähe des Königlichen Schlosses.Statue Gustavs III., sie hält den Moment fest, als Gustav III. nach dem siegreichen Russisch-Schwedischen Krieg (1788-1790) triumphierend an Land ging. Das Denkmal wurde an der Stelle errichtet, an der seine Heimkehr erfolgte. Das Schwedische Nationalmuseum ist Schwedens größtes Kunstmuseum. Das Gebäude in Stockholm beherbergt rund 16.000 Gemälde und Skulpturen, dazu rund 30.000 Objekte des Kunsthandwerks und eine Grafiksammlung von Weltrang.

 

 

In Schwedens Hauptstadt Stockholm ist man nie weit vom Wasser entfernt. Boote liegen im unmittelbaren Stadtzentrum und vor dem Königlichen Schloss und der Altstadt machen manchmal große Kreuzfahrtschiffe fest. Das alte Segelschiff „AF Chapman“ wurde stillgelegt und zu einem Backpacker Hostel umgebaut.

 

Es wurde Zeit für mich die schöne Stadt Stockholm zu verlassen. Es hätte hier noch soviel zu entdecken gegeben, aber ich wollte mein Zelt vor den Toren der Stadt aufstellen, um am nächsten Tag pünktlich an meinem Fährhafen einzutreffen. Stockholm verfügt übrigens auch über ein super Fahrradwegenetz. Über das ich problemlos alle Orte in der Stadt erreichen konnte.

 

Am späten Nachmittag erreichte ich meinen Campingplatz in Bredäng.

 

04.07.2019 Stockholm/ Bredäng-Nynashamn (Ferry)

Das Wetter hat mir eine trockene Nacht beschwert. Das war für meine Ausrüstung wichtig, denn ich fuhr zur Fähre und hätte das Zelt für über 24 Stunden in feuchtem Zustand verpackt transportieren müssen. Glüüüück gehabt…

 

Die Aussichten für das Wetter am Tag waren nicht so optimal, ab Mittag wurden auf dem Regeradar 60 % Regen angezeigt. So startete ich schon recht früh um vor dem Regen im Fährhafen einzutreffen. Ab 9:30 Uhr zogen dunkle Wolken von Nordwesten heran, vor mir ein Fleckchen wolkenloser blauer Himmel das immer kleiner wurde. Der Radweg Nynäsleden führte mich auf Nebenstraßen durch eine schöne Naturlandschaft. In Richtung Süden erwarteten mich dann wieder anspruchsvolle Höhenmeter, oft waren es um die 8% Steigungen.

 

Das angekündigte Wetter hatte auch Wind im Gepäck der, es musste auch unbedingt Gegenwind sein, typisch für solche Situationen. Egal, es gab kaum Verkehr auf der Straße und die Naturreservate an der Strecke waren meine Entschädigung.

Nach gut 80 Kilometern erreichte ich trocken den Fährhafen, buuuhh war ich froh.

 

Kaufte mir von den letzten Kronen noch einige Lebensmittel bevor ich 16:30 zum CheckIn fuhr. Als Radreisender stellte ich mich in die erste Reihe und nach 10 Minuten fuhr ich mit meiner Ausrüstung auf das Autodeck der „Nova Star“. Kurz noch eine Frage auf welchem Deck sich meine Kabine befand, dann packte ich alles vom Rad und fuhr mit dem Fahrstuhl auf Deck 8. Hier in der Kabine 440 hatte ich das Bett A gebucht, war der erste in der 4-Bett Kabine. Klamotten verstaut unter die Dusche und frische Sachen angezogen. Nach einer halben Stunde betraten zwei polnische Mitreisende die Kabine. Bei der Begrüßung und einigen kurzen Wortfetzen blieb es auch, kurz bevor wir ablegten betrat ein weiterer Mitreisender die Kabine. Jetzt waren wir komplett und die sehr saubere Kabine gut gefüllt. Mit dem letzten Reisenden gab es noch eine nette Unterhaltung, er war schwedischer Geschäftsmann auf Dienstreise in seine Heimat. Interessante Einblicke wurden mir da in beide Nationen gewährt die ich so wohl sonst nie erhalten hätte. Nach dem Gespräch verließ er mit seinem Laptop die Kabine und ich begab mich auf das Deck 9, hier konnte ich frische Luft schnappen und auch Fotos von dem verregneten Fährhafen in Nynashamn machen.

 

05.07.2019 Gdańsk-Szczecin

Am nächsten Morgen noch ein köstliches Frühstück, packte meine Sachen, machte noch Fotos und gegen Mittag trafen wir pünktlich im Fährhafen von Gdańsk ein. Nach 19 Stunden Überfahrt erreichte ich die Stadt Gdańsk.

 

In der Nähe des Fährhafens sah ich mir den historischen Ort Westerplatte an. Die Westerplatte ist eine langgestreckte Halbinsel ohne nennenswerte Bodenerhebungen zwischen Ostsee und Hafenkanal. Bekannt wurde sie durch den Beschuss des polnischen Munitionslagers am 1. September 1939, der als Beginn des Zweiten Weltkrieges gilt. An einem Denkmal lagen Blumen und einige Kerzen brannten zu Ehren der getöteten Soldaten. Ein sehr denkwürdiger Ort der uns immer wieder daran erinnert wie wertvoll unser Leben in Frieden ist.

 

Nach mehreren Kilometern sah ich die Türme von Gdańsk und freute mich schon auf die Stadt. Das Zentrum besteht aus der Rechtstadt und der Altstadt. Beide Stadtteile wurden im letzten Weltkrieg fast vollständig zerstört, heute handelt sich bei den Gebäuden meist um wieder aufgebaute Bauwerke. Der Wiederaufbau erfolgte jedoch stets nach historischen Vorlagen. Die Stadt erinnert an die Zeiten der Hanse, jede Gasse hat ihr besonderes Flair. Der schöne Königsweg, vom Langgasser Tor bis zum Grünen Tor begeistert durch die Fassaden der stattlichen Bürgerhäuser. In der Rechtstadt findet man die mit Abstand meisten

 

Sehenswürdigkeiten der Stadt. Darunter befinden sich die Marienkirche, das Goldene Haus, der Artushof mit Neptunbrunnen und das Goldene Tor. Brücken überspannen die Mottlawa die mitten durch die Stadt fließt. An den Ufern reihen sich viele Restaurants aneinander. Übermächtig ragt das gewaltige Krantor aus der Häuserzeile, einst gehörte es zu den Hafenanlagen des alten Gdañsk und wurde in den Jahren 1442 – 1444 erbaut.

 

Die Stadt Gdańsk reihte sich würdig in die auf meiner Tour besuchten Metropolen ein.

 

05.-06.07.2019 Gdańsk-Szczecin-Schwerin

Leider hatte sich die Wetterlage nicht verbessert auch hier zeigte mein Regenradar in den nächsten Tagen bis zu 90 % Regen an. Jetzt musste ich eine Entscheidung treffen, denn ich wollte normaler Weise noch 2 Tage an der Ostseeküste in Richtung Westen fahren. Bei den kühlen Nachttemperaturen gab auch mein Sommerschlafsack auf und der vorhergesagte Regen machten mir die Entscheidung leicht.

Am Bahnhof löste ich ein Ticket nach Szczecin Główny und traf gegen 23 Uhr dort ein.

Mein geplanter Anschlusszug fuhr erst am nächsten Morgen um 7:00 Uhr. Der sehr moderne Bahnhof mit einem großen Wartebereich machte einen durchaus einladenden Eindruck. Ich beschoss die Wartezeit hier zu verbringen. Aber zunächst musste ich freundlich aber bestimmt einen angetrunkenen Mann loswerden, dachte das kann ja noch heiter werden.

Im Wartebereich saßen nur wenige Reisende, ein Reinigungsteam war dabei die großzügige Bahnhofspassage mit seinen Rolltreppen auf Hochglanz zu polieren. Ein Mann steuerte eine Fußbodenreinigungsmaschine über den Steinfußboden. Als ich den betrunkenen Mann loswurde wollte er dem Bediener der Reinigungsmaschine ein Ohr abkauen. Der verließ seinen Arbeitsplatz und kam mit drei uniformierten Polizisten wieder in die Halle, die dem angetrunkenen eine Ordnungsstrafe aufbrummten. Kurz danach verließ der alkoholisierte Passant das Gebäude. Neben mir nahm ein junger Pole platz und bat mich auf sein Gepäck aufzupassen, während er eine Zigarette vor der Tür rauchte. Die erste Anfrage auf Polnisch konnte ich nicht verstehen, aber auf Englisch wusste ich was er von mir wollte. Das war der Beginn unserer gemeinsamen Wartezeit, wir tauschten uns über die Reiseziele und vieles mehr aus. Auf einem erhöhten Wartebereich saß ein merkwürdiger Mann mit deutlicher Gehbehinderung. Die gesamte Nacht hindurch lief er ständig Kreise in dem Gebäude, er fiel auch durch seine rote Kleidung, eine kurze Hose, das T-Shirt und Sneaker auf. Für mich hatte das deutlich autistische Züge, uns gegenüber nahm ein jüngerer Mann platz. Er wirkte sportlich hatte ein Sporttasche dabei, wirkte auf mich wie ein gestrandeter. Er starrte uns auch merkwürdig an, dann verließ er seinen Platz ging rauchen kam wieder und legte seine Füße auf die Stühle. Es dauerte nicht lange bis die drei Polizeibeamten wieder kamen, sie forderten ihn auf die Füße von den Stühlen zu nehmen und es gab eine weitere Ordnungsstrafe. Im Anschluss betraten einige Herren, die aus den arabischen Ländern stammten, die Bahnhofshalle. Sie schauten in alle Richtungen und gingen schließlich zum Fahrkarten-automaten. Nach geraumer Zeit und scheinbar vielen Versuchen ein Ticket zu lösen verließen sie wieder die Halle. Mein polnischer Mitreisender machte mir den Vorschlag mit in seine Heimatstadt nach Świnoujście zu fahren, der Zug ging zwei Stunden früher, um 4:51 Uhr. Da überlegte ich kurz und fand die Idee ganz cool, entschied mich für die Kursänderung. Von dort mit dem Fahrrad nach Usedom und mit der DB weiter in Richtung Heimat. Aber irgendwie musste ich die Nacht überstehen. Jan holte sich einen Kaffee vom Automaten. Leider hatte ich kein Bargeld mehr dabei, für den Automaten benötigte ich 4 Zloty. Ohne lange Diskussion tausche Jan meine restlichen Euro Münzen gegen ein 5 Zloty Stück ein. Der Kaffe half mir über die nächsten Stunden. Der rot gekleidete Autist drehte wieder seine runden. Ein weiterer Reisender betrat die Halle und nahm uns gegenüber Platz. Aus seiner Tragetasche zog er eine Bierflasche und trank sie zügig aus. Das wiederholte sich mehrere Male, irgendwann bot er auch mir ein Bier an. Das lehnte ich freundlich, auf mein Rad weisend, ab. Mit Jan kam er ins Gespräch, sie lachten viel, aber ich verstand nicht viel bis gar nichts. Irgendwie ging es auch um den Herrn in rot. Nach einer Reihe von Sätzen gab er Jan Geld, der damit aus der Halle verschwand. Als er wieder kam hatte er zwei kleine Flaschen Wodka mit Orange dabei, sie stießen an und leerten die kleinen Taschenflaschen.

Wieder wurde ich gefragt und lehnte dankend ab. Irgendwann stand Jan auf und ging zu dem einzig geöffneten Schalter in der Bahnhofshalle, er musste gerade erst geöffnet haben. Da er wusste, dass ich keinen kleinen Betrag in Zloty vom Bankautomaten bekam, kaufte er zwei Tickets nach Świnoujście. Boooh ich war überwältigt, wollte seine Kontoverbindung für eine Überweisung von zu Hause. Er wollte das Ticket unter keinen Umständen bezahlt haben. Wooow, was für eine freundliche Geste. Die Zeit verging im Schneckentempo, einige Reisende betraten und verließen wieder das Gebäude, einer viel mir besonders auf. Er erinnerte mich an eine Figur aus dem Film Catweazle und hatte eine unglaubliche Ähnlichkeit mit dem Hauptdarsteller.

Der Hunger stellte sich bei Jahn ein, er ging zu einem Shop außerhalb des Gebäudes und kam mit Brötchen, Würstchen und Waffelriegel zurück. Mir legte er den Riegel hin bevor er von seinem Brötchen abbiss.

Gegenüber wurde das nächste Bier geöffnet, ich hatte nicht mitgezählt, aber es waren sicherlich mehr als zwei. Dann bot er mir wieder ein Bier an, fragte ob ich Wasser oder Kaffee möchte. Bei Kaffee wurde ich schwach und willigte ein, er bemühte sich mit mir auf Deutsch zu reden. Wenn ich langsam sprach klappte die Verständigung gut. Patrik hatte nur Euro-Scheine dabei, kurz entschlossen wechselte er einen Schein in Zloty und kam zurück zum Automaten. Hier sollte ich mir einen Kaffee aussuchen und er bezahlte, Patrik sagte: „er mag die Deutschen. Sein Chef ist ein guter Mensch und stammt auch aus Deutschland“. Wow, ich wusste nicht wie mir geschah. Alle Welt sprach davon auf seine Sachen aufzupassen, es wir viel gestohlen und geraubt, hier erlebte ich das ganze Gegenteil. So viel ehrliche Gastfreundschaft hätte ich nicht erwartet.

Das ist auch der Grund es aufzuschreiben es klingt unglaublich und ist wahr.

Die Zeit verging irgendwie dann doch. Kurz bevor wir zum Bahnsteig gingen tauchen die Polizeibeamten wieder auf. Sie haben Patrik nach dem Ausweis gefragt und auch er erhielt eine Ordnungsstrafe. Ich verstand nicht wofür, Jan sagte es gibt ein Verbot an öffentlichen Plätzen Alkohol zu trinken. Das kostete in diesem Fall 25 Euro, sagte er. Nachdem die Beamten wieder verschwanden machte Patrik sich auf den Schreck noch ein Bier auf. Als die Zeit näher kam, wir zu unserem Bahnsteig aufbrachen, bedankte ich mich herzlich bei Patrik und bescheinigte ihm eine große Portion Menschlichkeit.

Auf dem Bahnsteig war es recht frisch wir zogen unsere Jacken zu und warteten bis der Zug einlief. Beim Einstieg mit unserem Gepäck halfen wir uns gegenseitig. Nach zwei Stunden erreichten wir den Bahnhof in Świnoujście. Während der Fahrzeit konnte ich etwas schlafen, was gut tat und meine weitere Reise erleichterte.

Vom Bahnhof gingen wir zu einer Fähre, die Fährfahrt war kostenfrei. Erstaunlich!!!

Hier erklärte mir Jan noch den genauen Weg nach Ahlbeck bevor wir uns herzlich verabschiedeten.

Was für eine Nacht in einem fremden Land mit so großartigen Menschen.

Ab hier führ ich über die grüne Grenze, der Himmel war grau, die ersten Tropfen fielen.

 

In Heringsdorf wollte ich mein Ticket für die Heimfahrt lösen, aber die Bahnschalter öffneten erst um 9:00 Uhr. Die fast zwei Stunden wollte ich nicht warten und fuhr weiter bis Wolgast. Mit dem zweiten Zug wurden wir dann endlich mitgenommen, der erste Zug war total überfüllt, denn auf der Strecke brannte eine Bahn und dadurch kam es zu Verzögerungen.

Noch ein Umstieg in Stralsund in den nächsten Zug nach Rostock. Hier traf ich auch Reiseradler mit einem weiten Heimweg. Wir halfen uns gegenseitig beim umsteigen und kamen ins Gespräch. Die Zeit verging dadurch wie im Flug, noch einmal umsteigen in den Zug nach Schwerin/Hamburg und gegen 16:00 Uhr kam ich dann endlich zu Hause an.

 

Fazit dieser Tour.

Statistik: zurückgelegte Strecke von 1.430 Kilometern auf der gesamten Tour bei 15.685 Hm

Es war landschaftlich schön aber nicht so abwechslungsreich wie gedacht.

Die Städte waren das Salz in der Suppe. Dort fühlte ich mich als Radfahrer viel sicherer als in der Heimat. Das Radwegenetz hat mich in allen Städten begeistert. Trotz der vielen Menschen in den großen Metropolen genoss ich die Architektur der Altstädte, nahm mir die Zeit die Sehenswürdigkeiten zu besuchen.

Auf der Tour begegnete ich vielen Menschen, gleich zu Beginn eine herzliche Begegnung vor dem Warnowtunnel. Zum Schluss, als Fremder im Ausland, so viel Hilfsbereitschaft, ja Menschlichkeit die mich auch nachträglich berührt.

Daanke dafür!!!