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Wintertour durch die Hardangervidda 2018

Am 17. März trafen wir gegen 16:15 Uhr, in Rjukan (Norwegen), an der „Fjellstue“ ein. Gegen   17:00 Uhr fand ein Ausrüstungscheck statt und im Anschluss packen wir unsere Pulken   (Lastschlitten). In der „Fjellstue“ gab es noch ein gemeinsames Abendessen bevor wir am nächsten Tag zu unserer Wintertour aufbrachen.
Die Tour führte durch die Hardangervidda und am 23. März endete sie dann wieder an der „Fjellstue“.

Insgesamt legten wir in dieser Zeit 85,5 Kilometer zurück, überwanden 1.370 Höhenmeter und die tiefste Nachtemperatur betrug minus 20 °C.

Video-Thumbnail: Hardangervidda 2018
17.03.2018, Ankunft in Rjukan an der Fjellstue

Gegen 17:00 Uhr trafen wir in Rjukan ein und packten die Pulken für den Start, am 18.03.2018, in die Hardangervidda. Schnee war hier an der Rjukan Fjellstue schon ausreichend vorhanden.

Fjellstue

 

 

18.03.2018, erster Tag in der Hardangervidda

Tagesleistung ca.10,6 Kilometer und 273 Höhenmeter, tiefste Temperatur -14 °C

An diesem Tag fuhren wir gegen 9:45 Uhr mit Shuttlebussen zur Talstation der Krossobahn, von dort wurden wir und die Ausrüstung auf Starthöhe transportiert. Hier begann dann die Tour, zunächst ging es durch ein Waldstück und dann folgten wir einem Winterwanderweg.

 

Die Pulka hing auf den ersten Höhenmetern schwer am Zuggeschirr und an diese Last galt es sich erst zu gewöhnen. Langsam näherten wir uns der Baumgrenze hier wurde die Landschaft karger und wir verließen den Winterwanderweg.

 

Bei herrlichem Winterwetter tat sich vor uns eine phantastische Schnee- und Eiswelt auf, die Weite und Klarheit der Natur zog mich in ihren Bann.

 

Wir folgten einem Bachlauf, zogen unsere Pulkas über einen See bis wir an unserem ersten Platz für das Nachtlager eintrafen.

 

Die Nacht wurde mit -14 Grad eine erste Bewährungsprobe für unsere Ausrüstung. Mein Schlafsack und die Isomatten haben mich bei diesen Temperaturen nicht im Stich gelassen.

 

19.03.2018, zweiter Tag in der Hardangervidda,

Tagesleistung ca.12,6 Kilometer, und 279 Höhenmeter, tiefste Temperatur -20 Grad

Nach der ersten Winternacht im Zelt ließ ein schönes Morgenrot auf einen sonnigen, aber kalten Tag schließen. In meinem mollig warmen Schlafsack hatte ich bei den Minusgraden kein Problem, nur das Gesicht schütze ich mit einer Maske vor dem Nachtfrost. Nach dem gemeinsamen Frühstück packten wir unsere Ausrüstung wieder zusammen und verstauten die Sachen in den Pulkataschen.

 

Mona und mir war etwas mulmig in der Magengegend, das beeinträchtigte natürlich unsere Stimmung und Leistungsfähigkeit auf der nächsten Tagesetappe. Bevor sich unsere Gruppe dann in Bewegung setzte teilte mir Heike mit, sie werde an der nächsten Hütte ihre Tour beenden. Buff, das war ein Hammer für mich, damit rechnete ich überhaupt nicht. Das bedauerte ich für sie und natürlich auch für ihre Freundin, die sich nun allein gegen den Wind und die Kälte behaupten musste.

 

Um 10:00 Uhr setzten wir uns in Richtung Helberghytta in Bewegung. Das war eine abgeschlossene, unbewirtschaftete Hütte, weshalb unser TourGuide per Satellitentelefon die Absprachen traf, damit Heike von dort abgeholt wurde. Wir verabschiedeten uns von Ihr und dann ging es gegen den Wind in die weiße Winterwelt.

 

Allerdings kam ich nicht sehr weit, die Landschaft war zu schön, um sie nicht auf meine Speicherkarte zu bannen. Durch eine hügelige Winterwelt ging es weiter in die Höhe dabei wurde mir schnell warm und ich beschloss meine Daunenweste auszuziehen. Dabei sollte man immer alle Sachen gut festhalten. So kam es, das ich meine Weste unter den Arm klemmte, mich dann vom Geschirr der Pulka trennte und dabei sicher den Arm etwas bewegte. In diesem Moment kam eine Windböe und trug die Daunenweste davon, meine Versuche ihr hinterher zu laufen waren vergebens. Der Verlust schmerzte doppelt, denn in den Taschen befanden sich eine Gesichtsmaske und meine Wollhandschuhe, die ich so gern zum Aufbau meines Zeltes nutzte.

 

Dank Susanne, die mir ihre dünnen Handschuhe überließ, wurde der Verlust dieses Teils meiner Ausrüstung gemildert.

 

20.03.2018, dritter Tag in der Hardangervidda,

Tagesleistung ca.15,3 Kilometer und 174 Höhenmeter, tiefste Temperatur -10 Grad

Der Wind bließ uns kräftig ins Gesicht, zum Schutz trugen wir Masken davor und auch meine Skibrille kam zu ihrem ersten Einsatz. Zu meiner Freude beschlugen die Gläser nicht von innen und ich hatte eine gute Sicht.

 

Der Gesundheitszustand von Mona verbesserte sich im Laufe des Tages leider nicht und so konnte sie die Tour nicht durchstehen. Unser TourGuide  plante sie deshalb an der nächsten Hütte, der Kalhovd Turisthytte, dem letzten möglichen Ort für einen Ausstieg auf dieser Tour, zurückzulassen.

 

 

Auf so einer Wintertour ist es notwendig die Balance zwischen frieren und schwitzen zu halten, denn es gab keinen Ort (wie z.B. einen Trockenraum) an dem man die durchgeschwitzte Kleidung trocknen konnte. Bei mir haben sich Kleidungsstücke aus Merinowolle und als 3. Bekleidungsschicht eine Jacke und Hose mit Belüftungs-Reißverschlüssen bewährt. Viele weitere Informationen und Tipps konnte nicht nur von unserem TourGuide bekommen, sondern auch von Helmut, einem erfahrenen Teilnehmer an dieser Tour, der sich gerade auf seine Grönland-Querung vorbereitete. Gemeinsam mit unserem TourGuide hat er in den vergangenen Jahren schon viele Wintertouren, auch in der Hardangervidda, hinter sich.

 

Leider hatten noch weitere Teilnehmer gesundheitliche Sorgen und so kam es, dass an der Kalhovd Turisthytte auch Susanne und Beate ihre Tour beendeten, was ich ebenfalls sehr bedauerte. Wir gingen noch gemeinsam über einen See und näherten uns bis auf ca. 2 Kilometer der Hütte.

 

Hier trennte sich die Gruppe, unser Tour Guide lieferte die Frauen sicher an der Hütte ab, während wir unseren  Weg über den See fortsetzten. In der Ferne peilten wir ein Ziel am entfernten Ufer des Sees an, dort angekommen suchten wir einen Platz für die Übernachtung. Unser Tour Guide hatte inzwischen seine Pulka, die er zuvor an der Weggabelung zurückließ wieder erreicht und folgte uns in einiger Entfernung. Der von uns geplante Platz für das Nachtquartier hatte keine ausreichende Schneedicke zur Errichtung des Kochzeltes, da im Zelt ein Graben ausgehoben wurde, durch den die verbleibenden Schneeelemente als Bank und Tisch dienten. Einige Meter weiter fand sich dann ein solcher Platz mit ausreichendem Schnee.

Das war mit unserer Sitzunterlage und den etwas wärme spendenden Benzinkochern ein schon fast heimeliger Aufenthaltsort. Nach dem kalorienreichen Abendessen schlüpften wir gesättigt in unsere Schlafsäcke.

 

Im Laufe der Nacht rüttelte der Wind an unseren Zelten, deshalb dachte ich irgendwann in der Nacht, Matthias spannt noch seine Zeltleinen ab.

 

21.03.2018, vierter Tag in der Hardangervidda,

Tagesleistung 13,3 Kilometer, ca.212 Höhenmeter, tiefste Temperatur -15 Grad

Die Nacht war windstill und ich hatte nicht alle Lüfter am Zelt geöffnet, das Resultat war gefrorenes Kondenswasser auf allen Sachen und an den Innenwänden des Zeltes. Dadurch hatte ich wieder etwas gelernt.

 

Wie ich am Morgen feststellte hatte nicht Matthias diese Geräusche verursacht, sondern ein Polarfuchs. Der Hunger hatte den Fuchs zu unserem Lager getrieben, wo er zwei  große Löcher in die Pulkatasche biss. Einige Ausrüstungsgegenstände  hatte er durch diese Öffnungen aus der Pulka gezerrt und als für nicht essbar befunden und davor abgelegt. Bis auf die Schneesäge, die nicht wieder auftauchte, das Thema löste witzige Spekulationen aus, was macht ein Fuchs mit einer Schneesäge ….

 

Als ich das unserem Tour Guide mitteilte sorgte er sich um den Fuchs, hoffentlich findet er noch etwas Nahrung, denn in dieser rauen Natur ist das Überleben sicher schwer. Unser Camp verließen wir gegen 10:00 Uhr, es ging durch eine Senke und wieder warteten reichlich Höhenmeter auf uns.

 

An diesem Tag versteckte sich die Sonne hinter den Wolken und gegen 14:00 Uhr setzte Schneefall ein. Die Landschaft wurde konturenlos, irgendwie war alles nur weiß um uns herum. Die Sicht wurde immer schlechter das hat uns einen Eindruck vermittelt, wie schwer es bei Whiteout sein würde zu navigieren.

 

Bei Schneegestöber erreichten wir unseren Platz für das Nachtlager und bauten die Zelte schnell auf. Denn der Wind sollte keine Chance bekommen es zu beschädigen.

 

Der Aufbau wurde erschwert, weil der Frost den Stoffkanal etwas zusammen hielt und das Gestänge sich nur schwer hindurch schieben ließ. Als ich an einem Punkt nicht weiter kam, da ging ich auf die andere Seite und führte das Gestänge bis zu seinem Bestimmungsort vorsichtig weiter. Als ich dann wieder von meiner Ausgangsposition das Gestänge durch den Kanal schob hatte ich wohl zu kräftig geschoben, denn an einer schwergängigen Stelle wendete ich mehr Kraft auf, durch die das Gestänge dann ein Loch in den  Kanal bohrte. Das ärgerte mich, aber ich konnte improvisieren und das herausstehende Gestänge dann an in einer Stelle für ein zusätzliches Außengestänge arretieren. Der Aufbau des Zeltes konnte also fortgesetzt werden es dauerte nur etwas länger. Meine schmerzenden Daumen meldeten sich auch bei  jedem Handgriff, denn sie hatten Risse bekomme, die sie durch die Karabinerhaken vom Zuggeschirr davon getragen hatten, als ich sie von der Pulka  trennte.

 

22.03.2018, fünfter Tag in der Hardangervidda,

Tagesleistung 14,6 Kilometer und 252 Höhenmeter, tiefste Temperatur -12 Grad

Der Morgen war einfach traumhaft, als ich den Reißverschluss meines Zelteingangs aufzog glitzerte der Schnee im Sonnenlicht. An diesem windstillen Morgen stimmte einfach alles, es war der schönste Morgen unserer Tour.

 

Nur meine Stiefel waren wie auch am vorherigen Morgen gefroren und ich hatte Mühe die Füße dort hinein zu bekommen. Aber dann trat ich vor das Zelt und tauchte ein in die Magie dieser Winterwelt.

Pünktlich gegen 10:00 Uhr hatten wir unsere Ausrüstung wieder in den Pulkataschen verpackt und starteten in den Tag. Nach einer kurzen Besprechung und Einweisung in die Navigation per Karte und Kompass hatten wir die Marschrichtungszahl bestimmt, nach der wir unseren Weg durch die Winterlandschaft suchten. Am Rande eines Sees durch ein langes Tal, rechts unter uns hat sich ein Bach sein Bett in die Landschaft gegraben. Wir bemühten uns dabei keine Höhenmeter zu verlieren und näherten uns langsam einem langen Anstieg, hier spürten wir auch wieder den Wind, der sonst ständig um uns wehte. Hinter einem Hang, an einer windgeschützten Stelle, machten wir eine Mittagspause.

 

In der Ferne kamen Skifahrer näher, es waren Norweger die ihre Ausrüstung in Rucksäcken mitführten. Als sie näher kamen staunten wir über einen jungen Mann der Gruppe, der mit freiem Oberkörper unterwegs war, vermutlich wollte er der jungen Frau der Gruppe imponieren. Aber trotzdem war das schon recht cool.

Nach der Pause gingen wir weiter durch das Grasdalen und die Landschaft war nicht nur abwechslungsreich, sondern auch wahnsinnig schön. Zum Niederknien schön!!!

Ein paar Hügel weiter kam Wind auf, daher suchten wir einen etwas geschützteren Platz, was aber in der Vidda nur bedingt möglich war. Auf der rechten Seite konnten wir schon die Baumgrenze erkennen, ein deutliches Zeichen für das nahende Ende unserer Wintertour.

 

So bauten wir die Zelte in einer leichten Senke auf, die Schneeflocken tanzten um uns und der Wind frischte auf. Als die Zelte standen und  abgespannt waren da ließ er pünklich zum Abendessen wieder nach.

 

Die Nacht war fast windstill.

 

23.03.2018, sechster Tag in der Hardangervidda,

Tagesleistung ca. 19,1 Kilometer und 162 Höhenmeter

Am letzten Tag wurden wir nach dem Frühstück durch unseren Tour Guide noch in den Bau einer Schneemauer eingewiesen. Bei dem Thema reagierte er auch gleich auf die Frage von Matthias. Wie baut man sich eine Unterkunft aus Schnee? Im Fall einer Ausnahmesituation kann man eine Behausung aus/in den Schnee bauen und unser TourGuide zeigte uns wie.

 

Auch an diesem letzten Tag starteten wir gegen 10:00 Uhr und hatten zunächst eine längere Steigung zu überwinden, bevor wir gegen Mittag auf den Winterweg stießen. Pünktlich zur Mittagspause setzte Schneefall ein, die Wolken am Himmel hatten das zuvor schon länger angekündigt. Auf dem Winterweg ging es zügig weiter und das lag nicht nur an der festen Schneedecke, die durch die Ski-doo’s entstand, sondern auch an der stetig sanften Abfahrt.

 

Durch die Baumgrenze kamen wir der Zivilisation langsam näher, auch erste Häuser und Wegweiser deuteten darauf hin.

Noch eine letzte Rast, die letzte Steigung, sowie die letzte Abfahrt und wir kamen an der Rjukan Fjellstue an.

 

Hier trafen wir auch unsere Teilnehmer wieder, die ihre Tour vorzeitig beendet hatten. Als wir die Ausrüstung sortiert und verpackt hatten gab es ein gemeinsames Abendessen. Auf einmal erschütterte ein mächtiges Geräusch die Fjellstue, Dachlawinen gingen nieder, das wiederum freute die Norweger, weil es den nahenden Frühling ankündigte. Dieser Tag war laut Aussage des Wirtes der wärmste Tag seit Weihnachten. Nach einem fröhlichen Abend gingen wir schlafen und traten am nächsten Tag, mit vielen grandiosen Eindrücken, die Heimreise an. Nur Mattthias hatte sich noch einige Urlaubstage in dieser Winterwelt gegönnt und wird erst Anfang April in die Heimat fliegen.