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Rom – Palermo Fahrradreise 2016

Pompeji, Casa del Fauno                                                                                                                                                       

Am 15. September 2016 landete ich in Rom und fuhr nach Sezilien. So jedenfalls war der Plan. Manchmal kommt es anders als gedacht…

 

Karte: Urheber: Artalis-Kartographie

 

Während der gesamten Reise legte ich 1.300 Kilometer per Fahrrad, ca. 150 Kilometer per Bahn und 10 Kilometer mit der Fähre zurück. Dabei fuhr ich auf einem Teilstück des Radweges Eurovelo 7, von Rom bis nach Palermo. Hier endete meine Fahrradreise am 02.10.2016.
Der Eurovelo 7 (EV7) wird die Sonnenstraße genannt, er ist ein insgesamt 7.409 km langer Radwanderweg und führt von Nord, dem Nordkap in Norwegen, bis nach Süden zur Insel Malta.
Auf dem Eurovelo 7 geht es durch die Länder Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Deutschland, Tschechien, Österreich, Italien bis nach Malta. Der nördlichste Punkt des Eurovelo-Netzwerkes befindet sich auf einer 307 Meter hohen Klippe an der nördlichen norwegischen Insel Magerøya.
In Italien umfasst die „Sun-Route (Il Ciclopista del Sole)“, zwischen Brenerro in den Tiroler Alpen und dem Süden Siziliens, rund 3000 km.

 

15.09.2016 Schwerin – Rom

Um 3:00 Uhr klingelte der Wecker und um 4:10 Uhr saß ich im Zug nach Hamburg. Dann noch vom Hauptbahnhof mit der S-Bahn zum Airport. Klappte alles ohne Zwischenfälle und so traf ich pünktlich dort ein. Am Automaten zog ich meine Bordkarte und begann mein Fahrrad für den Flug zu verpacken. Jetzt fiel mir ein Rest Wasser in meiner Trinkflasche auf (das hatte ich für die Bahnfahrt dabei), dachte nicht weiter darüber nach und beschloss den Wasserrest in der Trinkflasche mit dem Fahrrad zu verpacken. Meine 3 Fahrradtaschen und der Packsack mit dem Zelt kamen in einen großen Transportsack, dann stellte ich mich am Check-in an, hier herrschte kaum Betrieb. Nach wenigen Minuten war ich an der Reihe konnte mein Gepäck aufgeben. Für die Bezahlung meines angemeldeten Sportgepäcks musste ich noch an einen anderen Schalter, um im Anschluss zur Sperrgutgepäck Annahme, in einen weiteren Bereich des Flughafens zu düsen. Dort wurde das Fahrrad durchleuchtet, dabei viel die Flüssigkeit (mein Wasser) in der PET-Flasche auf. Um die unbekannte Flüssigkeit zu untersuchen wurden dann die Sprengstoff-Experten gerufen. Oh, hätte ich mir denken können, wollte aber auch das Fahrrad nicht wieder freilegen. Dann fanden die Experten noch geringe Spuren von Sprengstoff an meinen Reifen. Der Test wurde wiederholt und im Anschluss konnte mein Fahrrad endlich den Flug antreten. Da war ich schon sehr erleichtert, denn ohne Fahrrad hätte ich auch nicht fliegen brauchen.

Nach einem kleinen Zwischenstopp in München hob der Airbus in Richtung Rom ab.

Über den Wolken

Über den Wolken

Über den Alpen

Über den Alpen

Die Flugroute über die Alpen war sehr imposant, jetzt sah ich das Gebirge aus 10.000 Metern Höhe, nachdem ich die Alpen vor 2 Jahren mit dem Fahrrad überquerte. Mit leichter Verspätung landeten wir auf dem Airport Fiumicino. Hier fragte ich noch, nachdem ich das Gepäckband nicht gleich fand, an welchem Gepäckband ich warten musste. Gegen 16:00 Uhr hatte ich dann meine gesamte Ausrüstung wieder zusammen.

Airport Rom

Airport Rom

Auf Nebenstraßen fuhr ich zum Quartier, das hatte ich schon im Vorfeld gebucht und es befand sich nördlich von Rom. Was ich in diesen ersten Stunden sah erschreckte mich, an den Straßenrändern lag viel Müll, dazwischen eine tote Ratte. Nach der nächsten Querstraße saßen dann, im Abstand von ca. 50 Metern, Prostituierte auf Stühlen. Das waren fast alles Mädchen mit afrikanischen Wurzeln, da lag der Vergleich zu einem anderen Kontinent sehr nahe. Leichter Regen setzte ein und ich wollte jetzt nur noch ankommen, mein Quartier erreichte ich dann gegen 19:30 Uhr. An der Rezeption dauerte es dann noch geraume Zeit bis die Formalitäten erledigt waren. Es war dunkel und regnete, den Bungalow fand ich nicht gleich und als mir der Platzwart mit seinem Elektrofahrzeug entgegen kam, brachte er mich zu der Hütte. Die Tür war nicht verschlossen, ich trat ein und dachte, dass ich den falschen Bungalow erwischt hatte. Die Betten waren nicht gemacht, im Bad lag ein Handtuch in der Dusche und auch der Badeimer mit Binden war nicht geleert. Das konnte doch nur ein Versehen sein…? Ich verließ die Hütte und suchte die Hausnummer, es war tatsächlich die von mir gebuchte Hütte. Unfassbar….!!! Nach kurzer Überlegung beschloss ich mich in meinen Schlafsack zu legen und arrangierte mich mit der ungereinigten Hütte. Am nächsten Tag stand ein langer Radtag auf meinem Programm, die Luft war raus und ich wollte nur noch pennen.

16.09.2016 Rom – Rom, 47 Kilometer

Als ich aufwachte regnete es in strömen, das perfekte Wetter für eine kurze Stippvisite in Rom. Gegen 8:00 Uhr rollte ich los. Der Verkehr war extrem, ich schlängelte mich mit zahlreichen Autos und Motorrollern in Richtung Zentrum. Hier in der Nähe begann mein Fahrradweg an dem Fluss Tevere, der zum Netz des Eurovelo 7 gehört. Leider konnte ich meine geplante Strecke nicht fahren, denn die Straße dahin war eine Einbahnstraße. Nach einem Umweg gelangte ich endlich an den Fluss, hier ließ es sich entspannt radeln. Auf dem Gewässer lagen viele Hausboote, in der Flussmitte trainierten Ruderer.

dunkle Wolken über Rom

dunkle Wolken über Rom

Das Wetter machte mir Sorgen, voraus schoben sich dunkle Wolken zusammen, aber zur Zeit regnete es nicht. Leider blieb es nicht so. Denn als ich vom Uferradweg auf die oberhalb gelegene Straße kam fing es an wie aus Eimern zu schütten. Ich warf alle Besichtigungstermine über den Haufen und beschränkte mich nur auf den Besuch des Kolosseums, das direkt auf meinem Weg lag. Es ist der größte geschlossene Bau der römischen Antike und zugleich das größte je gebaute Amphitheater der Welt. Auf der Straße musste ich mir wieder einen Platz neben den motorgetriebenen Fahrzeugen erkämpfen, das war bei dem Sturzregen nicht nur schwer, sondern auch gefährlich. Die Straßen waren in einem schlechten Zustand und es gab immer wieder große Blasen und Löcher in der Fahrbahn. Neben der Straße verlief ein Rad-/Fußgängerweg den ich gern nutzte. Als es plötzlich krachte, ich fuhr durch eine Pfütze und konnte den Bordstein dahinter nicht sehen. Sofort schaute ich auf mein Vorderrad, das war in Ordnung, aber mein Hinterrad hatte einen Plattfuß. Na prima….mitten in diesem Verkehrschaos und bei Sturzregen wollte ich schon immer mal einen Schlauch wechseln…!!!

Mir blieb keine Wahl, ich suchte mir auf einem Grünstreifen, am Rand der Fahrbahn einen Platz. Hier stellte ich mein Rad an einen Zaun und packte die Taschen ab. Am Morgen fuhr ich in kurzen Sachen los und fand es überflüssig mir Regensachen überzuziehen. Der Regen war warm und würde sicher bald wieder aufhören. Bei der geplanten Tagesstrecke von 103 Kilometern hätte ich die Sachen wieder trocken bekommen. Das war eine Fehlentscheidung!

Hier stellte ich das Rad auf den Kopf und holte meinen Ersatzschlauch, sowie das Werkzeug aus meiner Packtasche. Im Handumdrehen war der Schlauch gewechselt, ich verpackte das Werkzeug wieder in der Tasche und wollte meinen Schlauch aufpumpen. Hier geschah das Unmögliche, die Pumpe machte noch zwei Hübe und stockte dann. Als ich weiter pumpen wollte kam nur noch ein leichter Hauch aus der Pumpe. Das war der Super-Gau!

Jetzt überlegte ich, wie ich mich aus dieser unmöglichen Situation befreien konnte. Inzwischen wurde mir in den völlig durchnässten Sachen kalt und zog die Regensachen an. Das Wasser stand schon 5 cm hoch in meinen Radschuhen. Die Schuhe waren wasserdicht, nur vor dem Wasser, welches an meinen Beinen herunter lief, konnten sie mich nicht schützen. Hier stand ich nun und kam nicht weiter, so beschloss ich auf einen  Fahrradfahrer mit einer Luftpumpe zu warten. Leider erfüllte sich dieser Wunsch nicht und nach geraumer Zeit verwarf ich dann diese Idee. Als ich Passanten fragte, ob in der Nähe ein Bike-Shop wäre, erhielt ich die Antwort „Ja, an der nächsten Kreuzung nach rechts und dann noch einen Kilometer.“ Das klang nach meiner Rettung, ich sah keine andere Möglichkeit, als auch den Verlust des Reifens in Kauf zu nehmen. Denn nun schob ich den platten Reifen mit vollem Gepäck in die beschriebene Richtung. Leider kam nach 2 Kilometern immer noch kein Radladen in Sicht. Am Straßenrand stand einen junger Afrikaner, den ich um Hilfe bat. Er sollte mich zu einer Werkstatt bringen, von der er berichtete, dafür zahlte ich ihm 5 Euro. An der nächsten Straßenecke beschrieb er mir den Weg und verabschiedete sich wortreich, er musste sich um seine Familie kümmern, sagte er.

Nun schob ich in diese Richtung bis zu einer vierspurigen Straße, hier wurde ich unsicher. Plötzlich radelte ein junger Papa mit seiner Tochter im Kindersitz, an mir vorbei. Ihn fragte ich nach der Werkstatt und bat ihn mich dort hinzubringen. Hier hatte ich meinen Retter gefunden, sehr freundlich half mit Oliver und brachte mich zu einer kleinen Autowerkstatt. Dort beschrieb er mein Problem und die Mechaniker erfassten die Situation. Schnell wurde die Spitze auf den Schlauch des Kompressors geschraubt, ein Schlauchrest diente als Adapter. Auf einmal begann sich mein Schlauch zu füllen und der Reifen wurde prall, als plötzlich der Reifen von der Felge sprang und der Schlauch heraustrat. Mit einem lauten Knall schickte der Mechaniker meinen einzigen Reserveschlauch ins Jenseits. Mir wurde warm und kalt im Wechsel, jetzt hatte ich ein weiteres Problem. Oliver fuhr ein Fahrrad mit einer 28 Zoll Bereifung und so fragte ich ihn nach einer Luftpumpe und einem Ersatzschlauch. Er hatte die Lösung und wollte mir helfen, nur zuvor noch seinen Einkauf erledigen, dann hier vorbei fahren und von zu Hause die Ersatzteile holen. In der Zwischenzeit versuchte ich den Schlauch von meiner ersten Panne zu flicken, gab aber nach kurzer Zeit auf. Die drei großen, nebeneinander liegenden Risse konnte ich nicht abdichten. Inzwischen kam Oliver von seinem Einkauf zurück und fuhr nach Hause. Ich berichtete von meiner erfolglosen Flickaktion, er versprach die Ersatzteile gleich zu holen. Wie versprochen stand er mit einem neuen Schlauch und einer Luftpumpe vor mir. Der Schlauch war schnell montiert und die Luft im Reifen, mein Fahrrad war wieder in Ordnung. Der Reifen hatte erstaunlicher Weise keinen Schaden genommen, ein kleines Wunder!!! Um neue Ersatzteile zu kaufen benötigte ich eine Route, mit der ich ein Fahrradgeschäft finden konnte. Zu diesem Zweck nahm mich Oliver mit zu sich in die Wohnung und suchte den nächsten Laden im Navigationssystem seines Computers. Den Streckenverlauf zeigte er auf einem großen Monitor an, das Bild auf dem Monitor fotografierte ich mit dem Handy ab und hatte jetzt einen Plan für die Beschaffung der nötigen Teile. Zum Schluss bedankte ich mich noch herzlich bei Oliver, der von mir kein Geld für diese Aktion annahm.

Es sind diese Momente auf so einer Radreise, die wir Reiseradler erleben dürfen, die uns immer weiter tragen. So schlecht wie es immer behauptet wird ist unsere Welt nicht, wie solche glücklichen Aktionen zeigen.

Nach langer Suche des Ladens, der auch an der Straße durch keinen Hinweis ausgeschildert war, stand ich endlich davor. Gegen 16:00 Uhr hatte ich dann zwei neue Schläuche und eine Luftpumpe. Meine Tagesetappe konnte jetzt ich nicht mehr schaffen, also beschloss ich noch zum Kolosseum zu radeln. Der Regen hatte aufgehört als ich dort ankam, in Ruhe ließ ich den Platz und das Kolosseum auf mich wirken. Machte noch Fotos und sprach eine Frau an, die auch mit einer Kamera unterwegs war. Shirley kam aus den USA und war ganz aus dem Häuschen als sie von meiner Tour erfuhr, so nahm sie auch ein Foto von mir mit in die Heimat.

 

Nachdem ich den historischen Platz verließ fuhr ich noch weit aus dem Zentrum und  suchte dort eine Übernachtung. Das Quartier war klein aber fein und ich konnte hier meine Ausrüstung trocknen während draußen ein Gewitter aufzog. Das Fahrrad durfte ich mit in das Zimmer nehmen, es befand sich zur ebenen Erde. Der Boden war mit Fliesen auch gut dafür geeignet. Hier hatte ich ein super Nachtlager gefunden.

 

17.09.2016 Rom – Sabaudia,  97 Kilometer

Am diesem Morgen behob ich noch den Höhenschlag des Faltreifens am Hinterrad. Dabei bemerkte ich eine Einschränkung am Schaltwerk, scheinbar hatte es den Flug doch nicht unbeschadet überstanden. Das Schaltwerk war leicht verbogen und es konnte das größte Ritzel nicht schalten, das war für meine Bergetappen aber notwendig. So stellte ich alles ein und es gelang mir auch. Dafür funktionierte das Umschalten auf das kleinste Ritzel nicht mehr, damit konnte ich aber gut leben. Um 9:00 verließ ich die Pension in Richtung Südwesten, dabei durchfuhr ich wieder sehr unschöne Landstriche. Viel Plastikmüll und Unrat am Straßenrand, an einigen Kilometern sah ich wieder Prostituierte an der Straße.

Je mehr ich mich der Küste näherte, umso sauberer und gepflegter erschienen mir die Ortschaften und Grundstücke. Hier wurde Wein angebaut und auch Plantagen mit Kiwi Pflanzen prägten das Bild. Natürlich alles hinter Zäunen und auch teilweise mit Sichtschutz versehen. Unterwegs zeigte mein Fahrradtacho mir den schwachen Batteriestand an, obwohl ich kurz zuvor eine neue Batterie eingesetzt hatte. Auch dieses Problem konnte ich durch den Kauf einer neuen Knopfzelle lösen, aber in dem Baumarkt gab es leider keinen Brennstoff für meinen Kocher. Der Transport von brennbaren Flüssigkeiten war im Flugzeug verboten und deshalb  meine Benzinflasche noch leer. Dafür suchte ich Waschbenzin, das gab es aber leider auch in diesem Markt nicht. An der nächsten Tankstelle erwarb ich dann KFZ-Benzin, ein Tankwart zapfte es von der Säule in meine Flasche.

 

Schon bald darauf gelangte ich ans Meer und fuhr die Küstenstraße entlang nach Süden, hier gab es kaum Verkehr, die Sonne schien und ich genoss die frische Briese. Kitesurfer tanzten auf dem Wasser und sprangen durch die Luft. Dieses Schauspiel schaute ich mir noch eine Weile an, bevor ich zu meinem Campingplatz fuhr. Der Platz lag hinter der Küstenstraße, dort suchte ich mir einen schattigen Platz unter alten, knorrigen Platanen. Als mein Zelt stand fuhr ich nach Sabaudia, dort besorgte noch einige Lebensmittel, und gönnte mir ein phantastisches Eis.

Die Sonne schien noch als ich wieder am Platz ankam, es gab also noch genug Licht für ein Strandfoto, aber es schoben sich auch wieder dunkle Wolken heran. Würde es trocken bleiben?

 

18.09.2016 Sabaudia – Baia Domizia,  94 Kilometer

Um 6:00 Uhr setzte Regen ein, das hatte mir gerade noch gefehlt…!!! In einer kurzen Regenpause verpackte ich schnell die Ausrüstung. Als ich damit fertig war ging die Schleuse richtig auf. Also zog ich die Radsachen gleich an, denn es war um mich herum überall dunkel.

Als ich die Tourdaten vom Vortag auf meinem GPS löschte, befand ich mich im falschen Menü. Dabei löschte ich auch die gespeicherten Tracks meiner Reise, damit auch den Track für diesen Tag. So packte ich mein Netbook aus und übertrug die Tourdaten neu auf mein GPS, der Regen ließ leider in dieser Zeit nicht nach. Ich füllte noch meine Wasserflaschen und fuhr der grauen Wolkenwand entgegen. An diesem Tag begleitet mich der Regen, wobei ich die trockensten Momente in den drei Tunneln hatte, die ich auf dem Weg durchfuhr.

 

Bevor ich zu meinem Campingplatz fuhr kaufte ich noch eine Packung Servietten und ein Aufwischtuch ein. Damit sollten die nassen Taschen und der Rest der Ausrüstung trocken gewischt werden, um die Feuchtigkeit nicht ins Zelt zu holen.

Als ich in Baia Domizia ankam hörte der Regen langsam auf. An der Rezeption zahlte ich meine Übernachtung und machte mir Sorgen, wie ich die Ausrüstung wieder trocken bekommen konnte. Die Mitarbeiter wiesen mir einen Platz unter Bäumen zu aus denen es noch tropfte, hier wollte ich nicht aufbauen. Das gesamte Gelände wirkte leer und ich traf auch nur einen Mitarbeiter in einer Bar, der gelangweilt vor dem Fernseher saß. Hier kaufte ich mir noch ein Stück „Torta Formosa“ eine Art Schoko-Muffin mit Nougatkern. Dann suchte ich weiter und fand am Strand einige Pavillons, die waren der ideale Ort für meine Übernachtung. Hinter einer kleinen Hütte baute ich auf dem Holzfußboden mein Zelt auf und  hing meine Sachen zum Trocknen auf. Am Weg zum Strand stand auch eine Dusche, das war es, ich überlegte nicht lange und schon sprang ich ins Meer. Als einziger Mensch weit und breit an diesem riesigen Strand genoss ich das Bad, dann ab unter die Dusche.

 

Zum Abendessen bekam ich leider meinen Benzin-Kocher nicht in Gang. Er stotterte und rußte, nach unzähligen Versuchen gab ich auf. So aß ich nur belegte Brote zum Abendessen. In der Nacht stürmte es heftig und in den Morgenstunden zog erneut ein Gewitter über unser Gebiet, ich war froh über meinen trockenen Platz.

 

19.09.2016 Baia Domizia – Vulcano Solfatara, 77 Kilometer

Am Morgen setzte heftiges Gewitter mit Starkregen ein. Gegen 9:00 Uhr hörte er auf und es gab einen strahlend blauen Himmel. Als ich durch die Straßen fuhr hatten sich große Pfützen gebildet. Der Straßenbau wurde scheinbar ohne die Wassermassen geplant. Damit das Wasser dennoch schneller abfloss, wurden am Straßenrand die Regeneinläufe freigelegt und die Gussdeckel standen senkrecht am Bordstein. Eine sehr fragwürdige Methode. Allgemein waren viele Straßen in einem desolaten Zustand, Blasen, Risse, Flickenteppiche und Löcher. Die Bordsteine hatten eine enorme Höhe, für Rollstuhlfahrer gab es selten abgesenkte Bordsteine und Radwege waren kaum vorhanden. Auf meinem Weg sah ich auch wieder Müll am Straßenrand und den schon bekannten Straßenstrich.

Männer standen an speziellen Sammelpunkten und warteten auf Jobs, sie standen wohl für kurzfristige Arbeitseinsätze hier. Andere versuchten an Ampelkreuzungen Zigaretten zu verkaufen, als die Fahrzeuge hier auf die Grünphase warteten.

In einem kleinen, nicht sehr hübschen Örtchen, fuhr ich auf der Hauptstraße, als an einem parkenden Auto die Türen geöffnet wurden. Dort sprangen 3 kleinere Hunde auf die Straße und verbellten mich, einer verfolgte mich dann. Nachdem ich das Tier barsch anbrüllte, das hatte ich als gute Schutzmethode mal gelesen, ließ er von mir ab. Nur schnell weiter und weg aus dieser Gegend.

am Wegesrand

am Wegesrand

 

Der Tag war zweigeteilt in der ersten Tageshälfte fuhr ich noch auf ebener Strecke, am Nachmittag hatte ich dann wieder mehr Steigungen auf meiner Etappe, bevor ich nordwestlich von Neapel nach Cumae kam. Eine antike Stadt deren Name sich vermutlich von der griechischen Stadt Kyme auf Euböa ableitet, eventuell aber auch vom griechischen Wort κῦμα kyma „Welle“. Cumae wurde um 750 v. Chr. gegründet. Die Touristenattraktion dieses Ortes ist eine Höhle, an diesem Ort soll Sibylle von Cumae wahrgesagt haben. Zur Höhle führt ein 131 Meter langer Gang mit vielen Verzweigungen.

In Pozzuoli wurde es dann richtig schön. An einem Aussichtspunkt, den ich schweißtreibend erreichte, hatte ich eine schöne Sicht auf die Bucht von Neapel. Dort machte ich meine Mittagspause, dabei überlegte ich bis Pompeji weiter zu fahren. Aber nach den letzten Steigungen verwarf ich den Plan doch wieder. Es war schon nach 14:00 Uhr und bei ordentlich Höhenmetern, die auf den 40 Kilometern bis Pompeji noch zu erwarten waren, wäre ich dort zu spät eingetroffen. So entschloss ich mich zurück zu fahren, denn der Campingplatz Vulkano Solfatara lag schon hinter mir.

Durch die frühe Ankunft nutze ich die Möglichkeit und sah mir noch das Gebiet des Vulkans Solfatara an. Der Weg zum Krater wurde von Bäumen gesäumt und kurz vor dem Zugang zum Krater gab es noch ein Restaurant. Der ellipsenförmige Krater des Vulkans ist 770 x 580 m groß. Die Atmosphäre an diesem Ort könnte man mit mystisch umschreiben. Dann erstreckte sich eine Kraterlandschaft mit schneeweißem Boden, Solfatara wird auch Vorsaal zur Hölle genannt. Hier stiegen Rauchfahnen mit stinkenden Schwefelgasen auf, in Schlammlöchern brodelte der bis zu 200 Grad heiße Schlamm. Auf Hinweistafeln gab es Erläuterungen zu den vulkanischen Aktivitäten auf diesem Gebiet. Dieses Ausflugsgebiet gehört zur aktiven Vulkanprovinz „Phlegräische Felder“ und entstand während eines Ausbruchs vor ca. 4.000 Jahren.

 

 

Als ich zu meinem Zelt zurück kam baute ein anderer Reiseradler gerade sein Zelt auf. Es war Simon aus Neuseeland, er fuhr von Paris nach Salerno und mit der Fähre dann wieder nach Norden. Am nächsten Tag wollte er auch nach Pompeji fahren, aber sicher schlief er erst aus und so beschloss ich, am nächsten Tag, lieber allein weiter zu Reisen.

 

20.09.2016 Vulcano Solfatara – Pompeji, 59 Kilometer

Wie konnte es anders sein, der Regen hörte am Morgen auf und ich verpackte das Zelt feucht. Wollte ja schnell vom Platz kommen, um in Pompeji noch genug Zeit für die Besichtigung der Ausgrabungsstätte zu haben.

An einer langen Abfahrt in den Ort ließ ich das Fahrrad rollen, am Straßenrand lagen diverse Plastikflaschen und auch Glassplitter. Nach der nächsten Kreuzung ging es halb links in die Ortschaft, aber das konnte nicht sein. Das Fahrrad fuhr sich schwer und als ich zum Hinterrad sah war der Reifen platt. Unmittelbar hinter der Kreuzung befand sich eine kleine Tankstelle, davor hielt ich an und beschloss hier den Schlauch zu wechseln. Bei der Montage des Reifens bemerkte ich einen Riss im Reifen, nach dem ich den Schlauch stramm aufgepumpt hatte, gab es an dieser Stelle auch eine leichte Beule. Den Faltreifen (Ersatzreifen) hatte ich bewusst zu Hause gelassen, was sich jetzt als Fehler herausstellte. Mit einem blöden Gefühl im Bauch flickte ich den Reifen mit meinem Panzertape und fuhr weiter in Richtung Neapel.

Panne vor Neapel

Panne vor Neapel

Unterwegs fasste ich den Beschluss dort einen neuen Reifen zu besorgen. In Neapel angekommen fuhr ich auf einem schönen Weg direkt an der Promenade, links auf einem kleinen Platz hatte ein Fahrradhändler, der mit gebrauchten Rädern handelte, seine Container. Hier fragte ich nach einem 28“ Reifen, aber unter den gebrauchten Rädern war kein Reifen, der einen sicheren Eindruck machte. Ich bedankte mich höflich und fuhr weiter.

Nach 2 Kilometern kam ich an einem Fahrradverleih vorbei, es standen Räder vor der Tür und innen sah ich eine kleine Werkbank. Dort fragte ich nach einem Reifen, leider Fehlanzeige, aber von einem Mitarbeiter kam ein toller Hinweis. Er nahm einen Stadtplan zeichnete unsere Position ein und die des Fahrradladens, damit sauste ich dann los. Der Straßenverkehr war gewaltig und ich hatte Mühe die richtige Abfahrt zu nehmen, denn Straßennamen zu finden war schwierig. Ich fragte dann unterwegs nach dem Platz Giuseppe Garibaldi, allerdings wurde die Straße gerade erneuert und ich hatte einen enormen Umweg zu fahren. Kam aber schließlich dort an, auf der Straße herrschte ein Kampf um jeden Millimeter Fahrbahn. In die nächste Seitenstraße bog ich dann ein und sah schon ein Hinweisschild des Fahrradladens. Den Schildern folgte ich dann und so gegen 14:30 Uhr hatte ich einen neuen Fahrradreifen.

Bis zu meinem geplanten Track waren es nur wenige Kilometer. Schnell war ich wieder auf meinem Kurs in Richtung Pompeji. Als ich an der Ausgrabungsstelle ankam durfte ich mein Fahrrad, während meiner Besichtigung, nicht am Eingang stehen lassen. Der Sicherheitsdienst hatte es verboten und mich auf den nahe gelegenen Campingplatz verwiesen. Nun hatte ich keine Wahl und gegen 17:00 Uhr stand mein Zelt auf dem Platz. Simon hatte es an diesem Tag vor mir geschafft er lag in seinem offenen Zelt und schlief.

Für mich stand jetzt Pompeji auf dem Programm, am Eingang erwarb ich das Ticket und betrat die riesige Ausgrabungsstätte. Im Jahre 79 wurde bei einem Ausbruch des Vesuvs die Stadt verschüttet und unter einer 6-7 m dicken Ascheschicht begraben. Dabei weitgehend konserviert und im Laufe der Zeit vergessen. Im 18. Jahrhundert wurde die Stadt wieder entdeckt und gilt heute als eine der besterhaltensten Ruinen-Städte der Antike. Um 18:00 Uhr endete meinen Rundgang und ich ging zurück zum Campingplatz.

Pompeji

Pompeji

 

Am Abend lernte ich dann noch nette Leute kennen, alle waren sehr hilfsbereit. Die zwei Studentinnen aus Deutschland brachten mir den Einkauf mit. Meine Zeltnachbarn Aneta und Josef hätten mich sogar, nach meiner Schilderung mit der Reifenpanne, zu einem Fahrradladen gefahren. Simon fragte noch nach meiner weiteren Strecke, aber ich war unschlüssig und plante mit dem Zug bis nach Salerno zu fahren. Denn ich hatte durch die Pannen viel Zeit verloren und konnte mein Ziel ohne Bahnfahrt nicht mehr erreichen.

So verabschiedeten wir uns am Abend.

 

21.09.2016 Pompeji – Salerno ( Baia dei Delfini), 97 Kilometer

Am Morgen fiel die Entscheidung, hatte auf meiner Karte den Streckenverlauf angesehen und stellte fest, nach Pompeji ging es an der Amalfiküste entlang bis nach Salerno. Diesen Tagesabschnitt wollte ich mir nicht entgehen lassen.

Als ich aus Pompeji herausfuhr wurde es dunkler und begann zu regnen. Parallel dazu setzten auch die ersten Steigungen ein. Die härteste hatte wohl 10 Prozent und irgendwie ging es mit 4 bis 5 Prozent ständig auf und ab. Aber diese Schinderei wurde reichlich belohnt.

 

Immer neue Aussichten und schöne kleine Orte machten die Straße zu einem richtigen Augenschmaus. Hier entdeckte ich ein ganz anderes Italien, ohne Dreck,  kaputte Straßen und mit geringem Verkehrsaufkommen. Im Zentrum der Strecke befand sich der Ort Amalfi, dort belohnte ich mich noch mit einem Eis. Nur der Herr an seinem fahrenden Obst- und Saftstand und die Eisverkäuferin waren etwas mürrisch. Aber das konnte mir die gute Stimmung nicht vermiesen.

 

Von weitem sah ich Salerno, eine schöne Stadt mit hübschen historischen Gebäuden. Hier gab es auch Fahrradwege, die durch einen Grünstreifen entlang der Küstenstraße, durch die Stadt führten. Gegen 17:00 Uhr zog dann ein Gewitter auf. Ich wollte hinter Salerno mein Nachtlager aufschlagen und fuhr noch eine kleine Umleitung, bevor ich dann auf dem Campingplatz „Baia dei Delfini“ ein trockenes Plätzchen für mein Zelt fand.

22.09.2016 Salerno – Praia a Mare, mit dem Zug ca. 150 km, per Fahrrad 50 Kilometer

Vom Campingplatz fuhr ich die 17 Kilometer zurück nach Salerno, auf der Karte waren hier Gleise eingezeichnet, also gab es auch einen Bahnhof. Jetzt galt es, in der 130.000 Einwohner zählenden Stadt, nur noch den Bahnhof zu finden. Zunächst blieb ich auf der Hauptstraße und fuhr in Richtung Zentrum dort sah ich dann die Oberleitungen der Bahntrasse. Irgendwann kam ein auch ein Hinweisschild auf eine Bahnstation in Sicht, fast wäre ich vorbei gefahren. Rechts neben mir sah ich einen großen Platz an dessen hinterem Ende ein Gebäude stand, auf dem der Schriftzug Salerno stand. Das war der Bahnhof den ich suchte.

Mit dem Fahrrad rollte ich in die Bahnhofshalle, hier war richtig was los. Stellte mein Fahrrad ab und begab mich zu einem Fahrkartenautomaten, dort gab ich meinen Zielort ein und danach ging es nicht weiter. Auf der linken Seite der Halle befanden sich zwei Schalter für Fahrplanauskunft und den Verkauf von Tickets. Hier stellte ich mich an und erhielt die gewünschte Fahrkarte mit den Informationen. Jetzt war es 9:26 Uhr und um 9:37 fuhr mein Zug, vom Bahnsteig 4 ab. Also musste es schnell gehen, ich holte mein Fahrrad und wollte zum Bahnsteig.

Um zum Zug zu gelangen musste ich eine Treppe hinauf, die zu einem langen Gang führte von dem die Bahnsteige abzweigten. Kein Fahrstuhl und auch keine Rampe in Sicht. Also alle Packtaschen runter und dann trug ich die Ausrüstung hoch, die Bahnsteige erreichte man auch nur über weitere Treppen.

Bei meinem letzten Gepäckstück half mir noch, unaufgefordert ein jüngerer Mann. Auf dem Bahnsteig fragte ich eine Reisende nach der richtigen Richtung und ob der nächste Zug auch über Sapri fuhr. Alles richtig, nach einigen Minuten rollte der Zug ein und wir fuhren ab. Hier hatte ich kein Fahrradabteil gesehen und blieb im Mittelteil des Waggons stehen. Bis der Schaffner kam und mich aufforderte in das Fahrradabteil, am Anfang des Zuges zu wechseln, was ich auch tat. Dort stellte ich mich wieder in den Bereich der Türen, aber auch das wollte der Schaffner nicht und auch hier hatte ich wieder 2 Stufen zu einem höher gelegenen Bereich zu überwinden. Dort durfte ich dann bis zu meinem Zielort bleiben. Der Zug passierte mehrere Tunnel auf der Fahrt und gegen 11:30 Uhr kam ich in Sapri an.

Sapri

Sapri

Ein schöner Ort von dem ich meine Radreise fortsetzte, es ging gleich mit 9 Prozent Steigung los. Dann im Wechsel mit 4-5 prozentigen Auf- und Abfahrten weiter, es war eine Küstenstraße, die sich in ihrer Schönheit nicht hinter der Amalfiküste verstecken brauchte. Das Wetter spiele  mit hier hatte ich bei Sonnenschein 33 °C auf dem Fahrrad.

 

Bevor ich auf dem Campingplatz La Mantinera (Praia a Mare) eintraf, füllte ich noch meine Lebensmittelvorräte auf. Am Eingang zum Platz bekam ich Beifall, nahe der Rezeption war ein Ziel aufgebaut, so ein aufblasbares Tor. Kurz nach mir traf dann auch ein Pulk Rennradfahrer ein, nun wurde mir der Applaus klar, den ich zuvor bekam. Hauptsache die Leute waren gut drauf und in dieser lockeren Atmosphäre checkte ich dann für eine Nacht ein.

Auf dem Platz hatte ich es mit sehr kleinen Mücken zu tun, die mir das Leben schwer machten. Diese Biester hörte man nicht und so hatten sie im Nu alle frei liegenden Körperteile zerstochen. Am späten Abend trafen dann noch zwei deutsche Reiseradler ein, sie fuhren auch von Rom nach Palermo, aber 4 Wochen dafür zur Verfügung.

Sie bauten neben mir ihr Zelt auf und gingen danach zum Abendessen in das Restaurant, ich bereitete am Zelt mein Abendbrot und kroch dann in den Schlafsack.

 

23.09.2016 Praia a Mare – Coreca (Ort hinter Amantea), 107 Kilometer

Um 8:30 Uhr startete ich und mit mir begann auch ein Trupp Rennradfahrer den Tag. Als bepackter Reiseradler wurde ich hier schon von vielen Radrennfahrern gegrüßt, das bekommt man auch nicht überall.

 

Wie schon so oft standen gleich reichlich Höhenmeter an, der zurückliegende Ort wurde immer kleiner. Die Straße war wenig befahren und in gutem Zustand wie das Wetter, die Sonne schien bei 33 °C. Am Vormittag lief es richtig gut und ich hatte keine weiteren Höhenmeter mehr zu überwinden. Ein Abstecher zu einem Küstenort war nicht so toll und ich fuhr schnell wieder auf meinen Kurs zurück. An der linken Seite der Fahrbahn sah ich immer häufiger Siedlungen und auch Festungen, in den sehr hohen Berghängen.

 

An einer Kirche füllte ich meine Wasserflaschen auf, diese Brunnen und Quellen sind über das gesamte Land verteilt. Hatte mir schon oft Wasser an solchen Stellen gezapft. In einem Park an der Kirche gab es auch einen kleinen Teich (in der Größe eines Brunnenrings), mit Goldfischen und einer Bank davor das war ein idealer Ort für eine kurze Rast.

 

Auf der gesamten Tagestour passierte ich 7 Tunnel, drei davon hatten eine Länge von je ca. 1.000 Metern. Diese dunklen Röhren sind immer etwas unbehaglich und ich war froh als ich sie wieder verlassen konnte:

Das Mittagessen fand dann im Schatten einer Palme statt, das war auch gleichzeitig ein schönes Fotomotiv.

Nach dem ich das E-Werk erneut angeschlossen hatte, nahm es plötzlich wieder seine Arbeit auf, vermutlich hatte der starke Regen in den ersten Tagen für den Ausfall gesorgt. Das hat mich beflügelt auch mit meinem Kocher noch einen neuen Versuch zu starten. In dem Ort  Campora San Giovanni fand ich einen kleinen Baumarkt, dort fragte ich nach Waschbenzin, ohne Erfolg. Im zweiten Versuch fragte ich nach Spiritus, hierfür nutzten wir das Internet, um eine Übersetzung zu finden. Tatsächlich gab es diesen Artikel hier und ich kaufte eine kleine Flasche davon. Vor dem Baumarkt wurde ich dann noch ausgefragt, woher und  wohin ich fuhr. Das Fahrrad wurde begutachtet und mir eine angenehme Reise gewünscht. Einfach nur toll diese Leute!

An der nächsten Tankstelle füllte der Tankwart, unter meiner Aufsicht, die Flasche mit Super bleifreiem Benzin.

THE GARDEN PARK

 

Von hier fuhr ich zum Campingplatz, baute mein Zelt auf. Und siehe da, die deutschen Reiseradler trudelten auch ein. Mit Max und Anna gab es dann noch ein gemeinsames Abendbrot. Zuvor hatte ich dem Kocher wieder neues Leben eingehaucht, er funktionierte perfekt. Das Problem lag wohl doch am Brennstoff, den ich zuvor in der Flasche hatte, egal! Jetzt konnte ich wieder warmes Essen zubereiten juhu!

24.09.2016 Coreca (Ort hinter Amantea) – Zambrone, 80 Kilometer

Am Morgen fuhr ich vor Anna und Max ab. Der Eigentümer des Platzes war ein eigenartiger Kautz, er gab sich aber Mühe, um uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.

Die Strecke hatte wenig schöne Akzente und neben Müll gab es auch wieder Prostitution am Straßenrand. Ein Flughafen löste Gemüse- und Obstanbauflächen mit Zitronen, Paprika und Oliven ab.

 

An einem kleinen Supermarkt hielt ich und kaufe ein, als ich vor die Tür kam erschlug mich fast die Hitze. Auf dem Fahrrad hatte ich 36 Grad, dies schien meine Schallmauer zu sein. Auf dem rechten Ohr hatte ich einen Pfeifton und es pochte in meinem Kopf, daher beschloss ich im Schatten eine längere Pause einzulegen. Es wurde nicht besser. Meine weitere Fahrt versuchte ich im Wechsel mit genügend Pausen fortzusetzen. In Pizzu, hockte ich mich hinter eine Mauer und schoss von dem schattigen Platz noch einige Fotos. Im Vordergrund ein Kaktus und dahinter das rot der Dächer, vor dem blau des Meeres als Kontrast. Typisch für diese mediterranen Orte.

 

Als ich durch die engen Gassen fuhr entdeckte ich in einer Linkskurve einen Quellbrunnen, hier hielt ich meinen Kopf unter das Wasser und kühlte ihn. Langsam wurde es besser, ich fuhr gemächlich zum nächsten Campingplatz nach Zambrone.

Der Platz lag unterhalb der Straße und somit direkt am Meer, an einem schattigen Ort baute ich mein Zelt auf. In diesem Moment trafen auch Anna und Max ein, die ihr Zelt gleich neben mir aufstellten. Wir gingen im Anschluss zum Strand und badeten im Meer, diese Abkühlung war herrlich.

 

Der Platz war gemütlich eingerichtet mit einer Bar und einem kleinen Shop. Nach einem Glas Rotwein schlüpften wir in unsere Zelte, die beiden Studenten wollten noch einen weiteren Tag hier verbringen. Das konnte ich gut verstehen, aber für mich kam das nicht in Frage.

 

25.09.2016 Zambrone – Scina, 70 Kilometer

Gegen 8:00 Uhr düste ich los, machte aber zuvor noch Bilder von diesem schönen Ort.

 

Die Strecke hatte keine großen Sehenswürdigkeiten für mich parat, bis ich nach Tropea kam. Dieser Ort war den Abstecher wert, den ich dafür unternahm. Tropea zählt zu beliebtesten Urlaubszielen in Kalabrien, auch wegen der weißen Sandstrände und malerischen Buchten. Die Altstadt wurde auf Felsen erbaut und liegt 50 Meter über dem Meer. In den noch sehr ursprünglichen Gassen und Plätzen luden zahlreiche Cafés und kleine Boutiquen zum Flanieren ein. Vom Piazza del Cannone hatte ich einen traumhaften Blick auf eine Halbinsel vor Tropea. Auf der Insel wurde die Wallfahrtskirche Santa Maria dell´Isola erbaut.

 

Zurück musste ich auf fast 300 Höhenmeter klettern, dabei gab es Steigungen bis 15 Prozent, bevor ich wieder auf meiner Route war. Zuvor hatte ich noch eingekauft, denn es war Sonntag und ich hatte keine Ahnung, ob ich noch eine zweite Chance dazu bekäme. Also ging es mit vollen Taschen die Serpentinen rauf, in 4 Stunden hatte ich erst 30 Kilometer zurück gelegt.

 

Das hatte mich geschlaucht, dafür kam ich aber im Anschluss gut voran. Leider gab es keine schönen Landstriche und Orte mehr. Mich zog es jetzt stark zu meinem Campingplatz Anna. Aber als ich dort ankam waren die Tore verschlossen und keine Menschenseele auf der Straße, die ich hätte fragen können. Eine Straße weiter stand ein Polizeiwagen und dort fragte ich nach einem Campingplatz. Die Herren in Ihren schmucken Uniformen wollten mich dann zu einem Hotel schicken, als ich auf mein Zelt hinwies, bekam ich die Empfehlung an einer Bar zu klopfen. Mir öffnete ein junger Mann der auch erst im zweiten Anlauf eine Idee hatte. Auf seinen Wunsch hin folgte ich ihm zu einem großen, parkähnlichen Areal, hier konnte ich auf einer Terrasse mein Zelt aufbauen. Für die Körperpflege schloss man mir einen Bungalow auf, in dem ich das Bad benutzen konnte.

 

Das war meine Rettung, dafür war ich den freundlichen Leuten sehr dankbar.

 

26.09.2016 Scina – Gearre, 120 Kilometer

Meinem  Gastgeber drückte ich noch 10 Euro für die spontane Hilfe in die Hand. Gegen 8:00 Uhr kam ich dann endlich los, es hatte in der Nacht geregnet und die Morgentemperatur lag bei 17 Grad. Das war genau das richtige Wetter für den Vormittag, denn ich startete bei 4-5 Höhenmetern und es nahm kein Ende, immer weiter schlängelte sich die schwarze Schlange zum Himmel. Für die 17 Kilometer benötigte satte 2 ½ Stunden und hatte mich auf 500 Höhenmeter geschraubt. Aber so schwer es mir auch viel, umso schöner waren die rasanten Abfahrten. Der nächste Ort trug den Namen Palmi, eine kleine Stadt mit dem gewissen südländischen Charme.

 

Nach den vielen Höhenmetern ging es ab Palmi dann viel bergab. Bagnara stattete ich noch einen kurzen Besuch ab, bevor ich in Villa San Giovanni eintraf.  Villa San Giovanni liegt an der Straße von Messina und hier fuhr ich zum Fährhafen. Die Zufahrt zum Fährhafen lag etwas versteckt, dafür musste ich durch eine Unterführung der Bahnstrecke und gelangte direkt zum Hafen. Dort empfing mich eine sehr hübsche, uniformierte Frau der Fährgesellschaft. Sie informierte mich über die nächste Fährverbindung und verwies mich an den Ticketschalter. Hier kaufte ich mein Fährticket und wartete noch eine knappe Stunde, dann lief sie ein, die „Fata Morgana“. Aber es ging alles gut und das Schiff war echt….

 

Auf dem Schiff hatte ich noch eine nette Unterhaltung mit einer Kanadierin, die hier mit ihrem Mann (einem gebürtigen Malteser) Urlaub machte. Die Zeit verging schnell und schon bald kam Messina in Sicht. Zügig fuhr ich von Bord und fand schnell meinen Weg aus der Stadt, in der es wieder heftigeren Verkehr gab. Die gesamte Strecke bis nach Giarre empfand ich als sehr angenehm, das lag sicher auch an den sauberen Straßen. Die Vorgärten, Terrassen und Balkone waren mit Grünpflanzen liebevoll arrangiert, das gab den Orten eine gewisse Behaglichkeit. Leider zogen am Himmel wieder dunkle Wolken auf, das war für mich ein Grund sehr schnell an meinen Zielort zu gelangen.

Einen Tag zuvor hatte ich per E-Mail noch einen Ausflug auf den Ätna gebucht. Das war nötig, da mein Bergführer, den ich schon vor mehreren Wochen buchte, leider aus familiären Gründen absagte.

Vor meiner Fährüberfahrt telefonierte ich noch mit dem Büro und bat um eine Bestätigung für den Jeep-Ausflug. Die freundliche Stimme am anderen Ende erteilte mir leider eine Absage, sie seien ausgebucht. Darauf hin schilderte ich meine Situation und bat um eine Möglichkeit die Tour doch zu machen. Die Mitarbeiterin wollte noch einmal Rücksprache halten und wir verabredeten uns nach einer Stunde zu telefonieren. Als ich wieder dort anrief wurde mein Wunsch erfüllt und wir planten die Abholung für den nächsten Tag. Der Ort hieß Giarre und dort war es der Campingplatz Mokambo, auf dem ich übernachtete.

Leider gab es keine Garantie dafür, dass der Campingplatz überhaupt geöffnet hatte. So wollte ich mich bis 18 Uhr in dem Büro von „Go Etna“ melden, falls sich mein Ort für die geplante Abholung noch geändert hätte.

 

Auf den letzten Metern regnete es noch und als ich am Platz ankam hatte er geöffnet, puuh – Glück gehabt!!! Hier buchte ich für zwei Nächte einen Bungalow und wollte somit meine Ausrüstung, für den Ausflug zum Ätna, in Sicherheit wissen.

 

27.09.2016 Giarre – Ätna – Giarre

In dieser Nacht kam ich kaum zur Ruhe, konnte nicht richtig schlafen. Mir spukten wohl die Ereignisse des letzten Tages im Kopf umher. Pünktlich um 8:45 Uhr holte mich dann der Fahrer von Go Etna ab. Zu meinem erstaunen hatte ich einen deutschen Fahrer mit italienischen Wurzeln, den es wieder in die Heimat seiner Familie zog. Die Zeit verging schnell bis wir an einer Pension noch Katja abholten, die Frankfurterin hatte auch eine Tour gebucht, allerdings die Ganztagestour. Von hier ging es weiter zu einem Sammelpunkt dort warteten wir bis alle Personen eintrafen, die für die 3 Jeeps bestimmt waren. Während der Fahrt zum Ätna gab es noch viele Informationen zum Vulkangebiet, die über ein Sprechfunkgerät mitgeteilt wurden. Die Themen reichten von der landwirtschaftlichen Nutzung des Gebietes bis zur Geologie und den in der Vergangenheit liegenden Ausbrüchen. Wir durchfuhren ein Weinanbaugebiet hier reifen Weine die es sonst nirgendwo gibt. Diese uralten Rebsorten haben so klangvolle Namen wie Nerello Mascalese und Nerello Cappuccio.

 

Inzwischen erreichten wir das Lavafeld von 1865 hier stoppten die Jeeps und es ging zu Fuß zu dem beeindruckenden Aussichtspunkt “Monte Fontana”, um das berühmte Hochtal “Valle del Bove” zu besichtigen. Die Sicht wurde schlechter, teilweise verschwand die Sonne ganz hinter den Wolken. Der Blick auf den Gipfelkrater wurde leider durch dunkle Wolken versperrt, aber wie wir von Francesco erfuhren, fiel an diesem Morgen der ersten Schnee auf dem Gipfel des Ätna. Nach vielen Informationen zu diesem Gebiet stiegen wir wieder ab und trafen uns an den Wagen. Dann ging es teilweise Off-Road, über die erkalteten Lavaströme der vergangenen Jahre. Der nächste Ort an dem wir hielten war ein großes Kratergebiet, in dem wir eine Wanderung auf einem der erloschenen Vulkankrater unternahmen.

 

Der nächste Stopp erfolgte an einer alten Höhle, in die wir mit Helmen und Taschenlampen hinab stiegen. Diese Höhle entstand durch einen Lavastrom und diente früher als Eiskeller.

Als letzte Etappe fuhren wir zu den erkalteten Lavaströmen am Piano Provenzana, welches während des letzten großen Ausbruchs zerstört wurde. Von hier ging es die 2000 Höhenmeter wieder hinunter und gegen 15:00 Uhr war ich wieder im Camp.

 

Hier machte ich mir einen Plan für den nächsten Tag. Ich konnte die Küstenstraße nach Messina zurück fahren, oder an der Nordseite des Ätna entlang. Von dort dann weiter über die Berge zur Nordküste. Das war sicherlich die schwierigere Passage, aber genau für diese Strecke entschied ich mich.

Zur Feier des Tages ging ich noch in das Restaurant, davor saßen Reiseradler, die hier gerade eincheckten. Wir kamen ins Gespräch und hatten natürlich genug Stoff und Reisegarn zu spinnen. Während unseres Gespräches zog ein Gewitter auf, es regnete heftig, zur Hütte gelangte ich jetzt vorläufig nicht. Nach dem Abendessen hörte der Starkregen auf und ich brach auf, denn für die nächste Tagesetappe wollte ich früh am Morgen starten.

 

28.09.2016 Giarre (Camp Mokambo) – Agriturismo Paolo, 60 Kilometer

7:15 Uhr stieg ich in den Sattel. Mein Plan war die komplette Tour bis zur Nordküste in einem Ritt zu machen. Schon die Anfahrt auf Linguarglossa hatte mich viele Schweißtropfen gekostet. Nach 3 Stunden erreichte ich 900 Höhenmeter und kaufte in Linguarglossa noch einige Lebensmittel ein. Der Ort war schön, hier fegten sogar die Ladenbesitzer vor Ihren Läden den Gehweg. Der Obsthändler, bei dem ich noch Äpfel kaufte, tauschte noch einen beschädigten Apfel gegen einen unbeschädigten Apfel aus. Ich hatte mir die Äpfel selbst ausgesucht und es nicht bemerkt, das war eine sehr schöne Geste.

 

Es ging weiter an der Nordseite des Ätna hinauf, dabei durchfuhr ich Weinberge und  kam an einer Gärtnerei vorbei, in der Palmen gezogen wurden. Bis es dann nur noch Lavafelder in diesem einzigartiges Gebiet des Parco dell‘ Etna (Ätna Nationalpark) gab. Hier knackte ich dann die 1.000 Höhenmeter. Vom Ätna ging es dann in einer rasanten Abfahrt nach Randazzo. Bei 40 km/h bremste ich ab, das Fahrrad begann sich schon aufzuschaukeln und ich wollte keinen Sturz riskieren. Als ich zu dem Ort gelangte sah ich die erste Kurve einer Reihe von Serpentinen. Die LKWs krochen hier über viele steile Serpentinen in die Höhe und ich hatte das noch vor mir. So beschloss ich zuvor noch eine Pause zu machen und hatte dabei einen schönen Blick auf die Silhouette der Stadt Randazzo, die Kirchen dominierten dabei das Bild.

 

Mit dieser beinharten Angelegenheit schraubte ich mich auf 1.150 Höhenmeter. Aber auch da war noch nicht Schluss, es ging dann noch weitere 100 Höhenmeter rauf und wieder runter. Auf meinem GPS hatte ich hier einen Wegpunkt von einem Bauernhof eingezeichnet. Nach der heftigen Anstrengung war ich platt und wollte hier übernachten. Es war eine waldreiche Gegend in der es sogar Picknickplätze gab. Auf beiden Seiten gab es Bauden und Grillplätze für die Besucher. Nach einigen Kilometern kam ich an diesen Bauernhof, leider war das Tor verschlossen. Die angegebene Telfonnummer konnte ich nicht erreichen, hier bekam ich kein Netz.

Die Steigungen lagen jetzt hinter mir und so fuhr ich weiter, bis Floresta konnte es nicht mehr weit sein. Auf der rechten Seite sah ich ein Hinweisschild auf einen weiteren Bauernhof, der sich in 700 Meter Entfernung befand. Den Abstecher riskierte ich und fuhr zu Paolos Hof. Die Häuser lagen unterhalb eines steilen Weges, dort angekommen suchte ich die Eigentümer. Autos standen vor den Häusern, an einer Tür klingelte ich, aber keiner öffnete. Die Tür war unverschlossen, also konnten sie nicht weit sein. Ich beschloss zu warten, inzwischen hatte mich der Hund als Spielkameraden entdeckt, er war noch jung und wollte beschäftigt werden. Als plötzlich ein Auto kam, Paolo mit seinen Söhnen fuhr auf den Hof. Nach kurzer Erklärung durfte ich mein Zelt hier aufstellen und konnte auch Wasser zapfen. Die Gebäude waren liebvoll restauriert und viele Blumenkübel sorgten für eine behagliche Atmosphäre. Scheinbar wurden hier auch größere Gruppen beherbergt, darauf ließen die vielen Tische und Stühle schließen, die sich unter einem Vordach befanden. Hinter dem zweiten Gebäude standen Gemüsekisten mit Tomaten, die keiner Güteklasse mehr angehörten, aber sie hatten ein tolles Aroma und bereicherten mein Abendessen. Einige Weintrauben fanden den Weg zu mir und ich hatte dadurch noch einen leckeren Nachtisch. Von den Berghängen zog viel Feuchtigkeit herüber, das kündigte eine kühle Nacht an. Ein weiterer Hund lief bellend um mein Zelt, er gehörte wohl auf den Hof und betrachtete mich als Eindringling. Er ließ sich aber durch energisches, lautes Rufen verscheuchen. An diesem Tag war ich früh im Schlafsack und schlief auch gleich ein.

29.09.2016 Bauernhof Paolo – Finale (Camp Village Rias Gerbi), 120 Kilometer

Gegen 4 Uhr wurde ich wach, die Kälte zog in meinen Sommerschlafsack. Auf dem Thermometer wurden 12 Grad angezeigt. Kein Wunder, hierfür war der Schlafsack nicht ausgelegt, ich zog mir noch ein paar Sachen an und schlummerte bis der Tag anbrach. Hier in 1.200 Metern Höhe war es kühl und feucht, das Zelt war dadurch von innen und außen feucht und die Sachen klamm. An dem Haus von Paolo klingelte ich noch, um mich zu bedanken und verabschiedete mich herzlich von ihm. Die angebotene Tasse Kaffee schlug ich jedoch aus, denn ich wollte los.

 

Bis Floresta gab es dann noch weitere Höhenmeter, insgesamt kam ich an diesem Tag auf fast 1.400 Höhenmeter. Aber dann zu meiner Überraschung, es waren nur 16-17 Grad an diesem Morgen, ging es nur noch bergab. Mir wurde in den kurzen Sachen kalt, aber im Verlauf des Tages und mit geringerer Höhe kam auch die Wärme zurück. Die Strecke war schön, der alte Bestand an Eichen und Kastanien hatte einen großen Anteil daran. Immer wieder hielt ich an und staunte über die tollen Aussichten auf  waldreiche Hänge und Ortschaften im Tal. Bis ich schließlich am Capo Di Orlando, auf die Nordküste der Insel Sizilien stieß.

 

Von hier fuhr ich die flache Küstenstraße bis zu dem Ort Finale, dort gab es einen schönen Campingplatz mit dem Namen Village Rais Gerbi. Die Anlage reichte bis ans Wasser, hier am Steilufer wurden Terrassen angelegt. Dieser Platz war für die Zelte bestimmt, daneben gab es eine Treppe die bis ans Meer führte.

 

 

30.09.2016 Village Rais Gerbi – Palermo, 110 Kilometer

Am Morgen genoss ich noch den Sonnenaufgang, saß allein auf einem Stein am Meer und nahm Abschied von der Tour, die sich nun ihrem Ende näherte.

 

Die für heute geplante Tagesetappe, bis zum nächsten Campingplatz der geöffnet hatte, war recht kurz. Oder, sollte ich auf gut Glück versuchen vor Palermo noch eine Unterkunft zu finden? Zunächst begann meine Tour ohne große Steigungen, die Küstenstraße verlief parallel zur Bahnlinie und Autobahn. Die Autobahn war ein imposantes Bauwerk, das in großer Höhe errichtet wurde. Dafür mussten viele Brücken die Täler verbinden und Tunnel durch die Felsen getrieben werden. Ich kam gut voran in einer Gegend die nicht sehr spektakulär war, dafür radelte ich direkt an einem großen Supermarkt entlang und beschloss hier noch Brot zu besorgen. Vor der Tür stand ein junger Mann mit afrikanischer Herkunft, wir wechselten ein paar Worte, mich interessierte seine Aufgabe an diesem Eingang zum Markt. Das hatte ich auch schon oft an anderen Märkten gesehen, es blieb eine unbeantwortete Frage… Im Markt traf ich noch ein deutsches Pärchen, der Mann fand meine Reise interessant, vor der Tür begutachtete er dann noch mein Fahrrad. Er fand die Tour auf den Straßen Siziliens nicht so toll und spielte dabei auf den Verkehr und die fehlenden Radwege an. Vermutlich fuhr er eine andere Strecke als ich.

Weiter ging es immer in der Hoffnung noch einen Platz für die Übernachtung zu finden. Aber Fehlanzeige weit und breit kein Hinweisschild für eine B&B Unterkunft. Die Strasse SS 113 machte einen großen Bogen, rechts befand sich ein Industriegebiet und links wurde Landwirtschaft betrieben. Hier musste ich wieder Höhenmeter erklimmen, nach dieser langen Auffahrt machte ich im Schatten alter Pinien eine kleine Pause. Langsam näherte ich mich Palermo, die Vororte machten einen herunter gekommenen, dreckigen Eindruck und die Müllberge am Straßenrand erreichten neue Dimensionen.

 

Schließlich kam ich in Palermo an und war überrascht, hier gab es gute Radwege und schöne Grünanlagen. Der Yachthafen war riesig von hier gelangte ich zum Fährhafen und dort staute sich der Verkehr. Autos in Doppelreihe und dazwischen die quirligen Mofas. Diesem Verkehr konnte ich auf dem Radweg entfliehen und dafür war ich sehr dankbar. Irgendwann löste sich der Verkehr auf und nun waren es noch 15 Kilometer bis zum Campingplatz, der hinter Palermo lag. Noch eine weitere Bucht und dann eine Steigung, hier konnte ich die SS 113 verlassen und kam durch kleinere Ortschaften mit wenig Verkehr. An einer Gelateria belohnte ich mich noch mit einem Eis, bevor ich nach wenigen Kilometern den Campingplatz La Playa erreichte. Hier checkte ich für 2 Nächte ein, an der Rezeption wurde deutsch gesprochen das beschleunigte die Prozedur ungemein. Die Tagestemperatur war hier noch immer sehr hoch und so hatte ich gegen 23:00 Uhr noch 24 Grad im Zelt.

 

01.10.2016 Airport – Palermo – La Playa, 82 Kilometer

In der Nacht heulten und bellten Hunde die zwar nicht zum Platz gehörten, aber doch in der Nachbarschaft sein mussten. Gegen 6:30 Uhr stand ich auf und machte mir Frühstück, denn ich wollte zum Airport fahren und die Bedingungen für die morgige Fahrt erkunden. Nach einer Stunde hatte ich die Strecke bewältigt und fuhr auf einer leicht geänderten Route, der SS 113 zurück. Unterwegs überlegte ich mir, nicht zum Camp zurück zu fahren, sondern gleich weiter nach Palermo zu düsen.

Für die Stadtbesichtigung fuhr ich in die City, hier gab es wieder reichlich Verkehr auf den Straßen. Als ich endlich im Zentrum ankam war ich baff, eine so tolle historische und wuchtige Architektur hätte ich nicht erwartet. Die Stadt war geschmückt und viele Menschen flanierten durch die historische Altstadt. Das erste imposante Gebäude auf meiner sightseeing Tour war das Teatro Massimo, es ist das größte Opernhaus Italiens und das drittgrößte Europas. Vom Theater fuhr ich die Via Maqueda weiter und hielt an der riesigen Fassade der Kirche Santa Ninfa Crociferi. Für die Kirche wurde am 10. August 1601 der Grundstein gelegt, sie ist eine der ersten Sakralbauten in der Via Maqueda.

Nur wenige Meter entfernt gelangte ich an den Quattro Canti, übersetzt bedeutet der Name des Platzes „vier Ecken“. Er gilt als einer der schönsten Plätze Palermos, das liegt an den vier dreistöckigen Barockgebäuden, sie repräsentieren jeweils die vier Jahreszeiten.

Einen Steinwurf entfernt gelangte ich an den Piazza Pretoria, mit der Fontana Pretoria, einem Brunnen der aus einer Brunnensäule und drei Becken besteht die miteinander durch Treppen verbunden sind. Rechts hinter dem Brunnen schließt sich der Piazza Bellini an. Hier stehen sich auf einer 2 m hohen Empore zwei Kirchen gegenüber. Die San Cataldo und die La Martorana sie wurden in einer schlichten normannischen Bauweise errichtet. Aus der Zeit der langen Herrschaft der Araber auf Sizilien, verschmelzen in diesen Baudenkmälern auch arabische-byzantinische Elemente.

Auf dem Piazza Cattedrale befindet sich die Katedrale von Palermo, sie trägt den Namen Cattedrale Maria Santissima Assunta. Auf diesem Platz stand schon im sechsten Jahrhundert ein Gotteshaus. Der Dom wurde hier von 1170-1185, im normannisch-arabischen Baustil errichtet, vor dem Eingangsportal befindet sich ein Springbrunnen. Im inneren der Kirche sind die Sarkophage der Stauferkönige von Heinrich VI. und Friedrich II zu besichtigen, diese beiden deutschen Herrscher waren auch Könige von Sizilien.

Gleich im Anschluss wurde ich auf die riesigen Palmen aufmerksam, sie sind Bestandteil des Palmengartens Villa Bonanno, der 1905 hier angelegt wurde.

Ein wuchtiges Tor mit dem Namen Porta Nuova war das wichtigste Stadttor Palermos, es wurde 1583 als Zeichen für den Sieg Karl V. in Tunesien errichtet. Nach einer Explosion wurde es vollkommen zerstört und im Jahr 1669 wieder erbaut, zusätzlich aber mit einer Loggia und pyramidenförmigem Dach ausgestattet.

 

 

An diesem Tor machte ich Fotos als eine Reisegruppe aus Malta auftauchte, viele Reisende hatten auch eine Kamera dabei. Darauf fragte ich einen Herrn, ob er ein Foto von mir machen würde, und plötzlich kam ich mir vor, wie bei einem Fotoshooting. Mindestens fünf Kameras klickten gleichzeitig, wir hatten dabei alle unseren Spaß.

 

Jetzt wurde es Zeit zurück zum Camp zu fahren, denn ich wollte noch meine Sachen für den Flug vorbereiten und von unterwegs Pappe mitnehmen. Die brauchte ich für das Fahrrad, es sollte vor dem Flug darin verpackt werden, um Beschädigungen vorzubeugen. Fand sie neben einem Container, plötzlich als ich das Rad abstellte und den zweiten Karton holte fiel das Fahrrad um. Bei dieser Aktion brach mein Außenspiegel ab, der mir in so vielen Situationen schon half. Traurig setzte ich meine Fahrt fort und beschloss den Spiegel notdürftig wieder zu befestigen, denn das Spiegelglas blieb dabei heil.

Am Camp angekommen gönnte ich mir den letzten Kaffee und kostete die sizilianische Spezialität, Cannoli – Sizilianische Cremerollen, die ich mir unterwegs kaufte. Dann verpackte ich alle Sachen für den Flug und betrieb noch etwas Körperpflege.

 

02.10.2016 La Playa – Airport – Schwerin, 27 Kilometer

Für den sehr frühen Morgen hatte ich mir den Wecker gestellt. Um 5:30 Uhr wollte ich aufstehen und um 6:30 Uhr im Sattel sitzen. Wollte… Meine Tour endete so chaotisch wie sie begann.

Gegen 5:00 Uhr zog ein Gewitter über meinem Zeltdach auf, es blitze, donnerte und regnete. Da konnte ich nur abwarten und meinen Start verschieben. Im Zelt verpackte ich schon alles in meine Radtaschen. Als der Regen etwas aufhörte nutzte ich die Zeit und brachte die Taschen am Fahrrad an, dann wischte ich das Zelt notdürftig trocken und verpackte es. Jetzt wurde es 7:15 Uhr bevor ich in den Sattel kam. Am Tor klingelte ich (wie am Vortag besprochen) und mir wurde das verschlossene Tor geöffnet. Nach den ersten 500 Metern auf der Küstenstraße bemerkte ich, es war noch nicht richtig hell, wie Hunde aufsprangen. Ein Radfahrer weckt den Jagdinstinkt dieser Tiere, das wusste ich und setzte zum Spurt an. Jetzt hetzten drei angriffslustige Hunde hinter mir her und mein Pfefferspray hatte ich schon in der Radtasche verpackt. Es gab nur eine Möglichkeit und so brüllte ich die Tiere energisch an, darauf ließen zwei von mir ab, der dritte wollte es wissen. Er kam mir auf der rechten Seite schon sehr nah darauf legte ich noch einmal zu und schlug einen leichten Haken. Die Straße war feucht und als der Hund auf die linke Seite wechselte rutsche er mit den Hinterpfoten weg. Das war meine Chance und so konnte ich diesen Ort unbeschadet verlassen, puuuhhhh!!!

Bei der nächsten Gelegenheit holte ich das Spray wieder aus meiner Packtasche und hielt es griffbereit. Es kam mir eine Stelle auf meinem Weg in den Sinn, wo ich auch auf ein Rudel freilaufender Hunde treffen konnte. Zunächst setzte ich mein Fahrt auf der Schnellstaße fort, bevor ich durch einen Tunnel unter der Autobahn, auf eine kleine Nebenstraße abbog, Das war die einzige Zufahrt zum Airport, die ich am Vortag ausfindig machen konnte. Die Autobahn konnte ich ja leider nicht nutzen. Als ich auf der Nebenstraße fuhr kam ich an eine kleine Bucht, dann kam etwa freies Gelände auf dem sich viele Müllsäcke, rechts und links vom Weg, türmten. Davor stand  eine riesige Pfütze, die den gesamten Weg einnahm. In der Ferne sah und dann hörte ich auch schon viele Hunde, die bereits auf mich aufmerksam wurden. Dieser Begegnung wollte ich ausweichen, was auch gelang, Die Hunde wollten sich wohl ihr Fell nicht nass machen und ließen mich fahren, nur wohin??? Es gab links einen Tunnel für Fußgänger den nutzte ich und wollte diese Stelle weiträumig umfahren. An einem Bahndamm entlang und über eine Brücke kam ich in die nächste Siedlung. Irgendwie musste ich rechts abbiegen auf meiner Karte ging ein Weg in diese Richtung. Als ich einbog sprag ein großer Hund auf und hetzte auf dem Weg in meine Richtung. Da konnte ich nur mit hohem Tempo den Weg verlassen und wieder auf den Hauptweg abbiegen. Dort fuhr ich so schnell es ging bis der Hund zurück blieb.

Die Zeit lief mir weg, denn ich wollte jetzt schon am Airport sein und mein Rad verpacken. Plötzlich kam ein weißer Fiat Panda angefahren, energisch stoppte ich das Fahrzeug. Dem Italiener (er nannte sich Pitro) schilderte ich mein Problem, wobei das nur Stückwerk war, denn er verstand kein englisch und ich sein italienisch nicht. Trotzdem, so hatte ich gebeten, fuhr er vor und wollte mich auf einen Weg zum Airport bringen, leider war es der Tunnel von dem ich schon kam. Hier berichtete ich von dem Rudel Hunde das dort lauerte und bat ihn, mich mit dem Auto zum Airport zu fahren. Die einzige Möglichkeit dieser Situation zu entkommen und noch rechtzeitig am Chek-in einzutreffen. Er überlegte nicht lange und mit wenigen Handgriffen verstauten wir alle meine Ausrüstung in seinem Auto, dann ging es über die Autobahn zum Flughafen. Heilfroh und glücklich hier zu sein bedankte ich mich herzlich bei ihm. Mein Geld für seine Umstände schlug er allerdings vehement aus.

Vor dem Gebäude verpackte ich das Fahrrad und reihte mich dann, in der sehr langen Menschenschlage vor meinem Schalter ein. Erst ging es nicht richtig voran und ich bangte schon um meinen Flug. Eine halbe Stunde vor meinem Abflug hatte ich dann das Gepäck aufgegeben, den Sicherheitsbereich passiert und stand mit meiner boarding card an dem Gate meines Fluges.

Pünktlich um 11:30 Uhr startete dann der Airbus und ich konnte entspannt den letzten Blick auf die Insel genießen. In München dann noch einen Zwischenstopp von 3 Stunden und 15 Minuten Verspätung. Gegen 17:15 startete dann die Maschine nach Hamburg, das Gepäck konnte ich dort unbeschadet in Empfang nehmen. Als ich das Rad wieder fahrbereit hatte ging es auf 19:00 Uhr, leider war die S-Bahn Strecke zum Hauptbahnhof gesperrt und ich musste noch in die U-Bahn umsteigen. Mein Zug erwischte ich dann um 20:21 Uhr und war gegen 22:00 Uhr wieder in der Heimat.

Damit endete eine Radreise mit vielen Stolpersteinen glücklich.